«Schämt euch!»

SRF-Werbeplakat wird mit Vorwürfen beschmiert

· Online seit 06.01.2023, 20:30 Uhr
In Aarau bekritzelte jemand ein Werbeplakat des nationalen TV-Senders. Der Schmierfink wirft SRF vor, mit «unseren Gebühren noch Werbung» zu machen, weil dem Sender niemand mehr glaube. SRF nimmt dazu ausführlich Stellung.
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Spassvögel verpassen Politikerinnen und Politikern auf Plakaten gerne Schnäuze. Auf dem Werbeplakat des Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) an der Bahnhofstrasse in Aarau hat hingegen jemand seiner Wut Luft gemacht.

«Jetzt macht ihr mit unseren Gebühren noch Werbung (weil euch niemand mehr glaubt)! Schämt euch!», prangt in schwarzen handgeschriebenen Lettern auf dem weissen Hintergrund des Plakats. Dieses wirbt für die News-App des Unternehmens.

«Überprüfen, ob Plakat entfernt wird»

Die Plakatkampagne läuft noch bis am 9. Januar. «Wir werden überprüfen, ob das Plakat entfernt oder überhaupt noch ersetzt wird», sagt Claudia Zellerhoff, Leiterin Marketing bei SRF, auf Anfrage der Today-Zentralredaktion.

Zellerhoff präzisiert, dass das Plakat Teil einer Marketingkampagne für die «SRF News»-App sei und nicht für SRF an sich. Diese App richte sich an Personen, die SRF heute nicht oder zu wenig erreiche – weder über die linearen Kanäle im Radio und Fernsehen noch im Web.

Sechsstelliger Betrag werde eingesetzt

Die SRG, wovon SRF Teil ist, finanziert sich laut Zellerhoff zu 80 Prozent über die Medienabgabe und zu 20 Prozent aus kommerziellen und sonstigen Einnahmen. Für die gesamte Kampagne der SRF News App werde ein mittlerer sechsstelliger Betrag eingesetzt.

Den Vorwurf, mit den Gebühren Werbung zu betreiben, kontert Zellerhoff wie folgt: «Zusammen mit dem Leistungsauftrag wird der SRG, und damit auch SRF, wie jedem anderen Unternehmen zugestanden, mit Kommunikations- und Marketingmassnahmen auf sich, die eigenen konzessionierten Aktivitäten und das publizistische Angebot aufmerksam zu machen.» Dies geschehe unter Berücksichtigung der öffentlichen Finanzierung immer im verhältnismässigen Rahmen. «Massvolle Massnahmen sind seit Jahrzehnten Praxis, zum Beispiel mit Anzeigen in Programm-Magazinen oder auch Werbung auf Drittkanälen.»

SRF müsse sich gegenüber harter Konkurrenz behaupten

Zellerhoff macht darauf aufmerksam, dass die Konzession der SRG zudem vorschreibe, digitale Angebote für jüngere Zielgruppen bereitzustellen und diese den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechend zu gestalten. «Dies, weil jüngere Menschen ebenfalls eine Medienabgabe zahlen.» Alleine mit Werbemassnahmen auf den eigenen Kanälen könnten aber nicht alle Menschen angesprochen werden, die sich für die App interessieren könnten. Deshalb habe sich SRF für eine Kampagne entschieden.

Sie merkt auch an, dass sich SRF bei der Erfüllung des Leistungsauftrags gegenüber harter Konkurrenz behaupten müsse, die über ein Vielfaches an Geldmitteln verfüge. Das SRF beziehe sich hier vor allem auf internationale Anbieter, deren Angebote insbesondere von jüngeren Zielgruppen stark genutzt würden und die über wesentlich höhere Media-Budgets verfügten.

Kritik an Glaubwürdigkeit

Der Absender der Plakat-Schmiererei in Aarau behauptet, dass niemand mehr dem SRF glaube. Besonders in der Pandemie waren die Medien heftiger Kritik ausgesetzt. Menschen, die mit den Massnahmen des Bundes nicht einverstanden waren, behaupteten etwa, Medien seien vom Staat gekauft worden und berichteten deshalb nicht mehr die Wahrheit.

Jérôme Jacky, Leiter der SRF-Medienstelle, verweist in diesem Zusammenhang auf eine Erhebung von SRF Audience aus dem Jahr 2022. «Diese zeigt, dass 84 Prozent von allen Nutzerinnen und Nutzern das digitale News-Angebot von SRF als glaubwürdig bezeichnen.» Eine Studie von SRF Audience von 2020 habe zudem ergeben, dass die Marke SRF stark mit den Qualitätsmerkmalen Aktualität und Kompetenz verbunden werde. «Zudem wird SRF als eine sympathische und authentische Marke wahrgenommen.»

Initiativen gegen Gebühren

Die SRG ist in den letzten Jahren stark unter Druck geraten. Die «No Billag»-Initiative, die eine Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren forderte, lehnte das Stimmvolk 2018 zwar ab.

Mittlerweile hat sich mit der SRG-Initiative oder der sogenannten Halbierungsinitiative von bürgerlichen Politikerinnen und Politikern aber erneut Widerstand gegen die SRG-Gebühren formiert. Diese verlangt, dass die Gebühren von 335 Franken pro Haushalt auf jährlich 200 Franken gesenkt werden. Im Dezember brachte Mitte-Präsident Gerhard Pfister zudem die Idee eines zweiten nationalen TV-Anbieters ins Spiel.

veröffentlicht: 6. Januar 2023 20:30
aktualisiert: 6. Januar 2023 20:30
Quelle: Today-Zentralredaktion

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