Der heutige Zustand sei unhaltbar, sagte Josef Dittli (FDP/UR) im Namen der vorberatenden Kommission. Ursprünglich sei der Zivildienst als Alternative für Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen geschaffen worden. Heute werde er auch «zur Optimierung des Lebenslaufes» oder «aus Gründen der persönlichen Bequemlichkeit» gewählt. Das gefährde die Armeebestände.
Alex Kuprecht (SVP/SZ) erinnerte an die allgemeine Wehrpflicht. Diese werde zunehmend ausgehöhlt, kritisierte er. Längst gehe es nicht mehr um die Frage des Gewissens. Insbesondere ein Wechsel in den Zivildienst nach der Rekrutenschule, nach Wiederholungskursen oder gar nach der Offiziersschule sei missbräuchlich.
Fragwürdige Schikanen
Gegen die Vorlage stellte sich die Ratslinke. Géraldine Savary (SP/VD) bezeichnete die Massnahmen als Schikanen gegen junge Leute, die etwas Sinnvolles für die Gemeinschaft täten. Ob sie die gewünschte Wirkung hätten, sei offen. Das Problem sei, dass die Armee zu wenig attraktiv sei, fand Savary. Als Reaktion darauf, den Zivildienst weniger attraktiv zu machen, sei der falsche Weg.
Paul Rechsteiner (SP/SG) befand, die Vorlage sei schlecht begründet. Dass die Armeebestände gefährdet seien, sei nicht im Ansatz nachgewiesen. Ausserdem gehe der Nutzen des Zivildienstes vergessen. Es handle sich um einen vollwertigen Dienst an der Gemeinschaft.
Auslandeinsätze weiterhin möglich
Der Nichteintretensantrag von linker Seite war jedoch chancenlos. Am Ende hiess der Rat die Vorlage mit 26 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen gut. Eine Massnahme lehnte er im Einklang mit der vorberatenden Kommission ab: Er will die Möglichkeit von Zivildiensteinsätzen im Ausland nicht abschaffen.
Die anderen Massnahmen fanden Zustimmung. Sie sollen vor allem verhindern, dass der Armee Ausgebildete abhanden kommen. Von den 6205 Zivildienst-Zulassungen im Jahr 2018 handelte es sich bei 2264 um Personen mit bestandener Rekrutenschule und bei 350 um Unteroffiziere und Offiziere.
Später Wechsel unattraktiv
Der Bundesrat und der Ständerat wollen nun je nach Zeitpunkt des Wechsels die Dienstzeit verlängern: Je später der Wechsel, desto unattraktiver. Der Zivildienst soll - wie heute - anderthalb mal so lange dauern wie der Militärdienst, neu jedoch mindestens 150 Diensttage. Heute werden die bereits geleisteten Militärdiensttage angerechnet. Die Mindestzahl verlängert die Dienstzeit für jene, die ab dem ersten Wiederholungskurs wechseln.
Für die Offiziere und Unteroffiziere soll neu ebenfalls der Faktor 1,5 gelten. Bislang galt für sie der Faktor 1,1. Ausserdem wollen der Bundesrat und der Ständerat für den Wechsel aus der Armee in den Zivildienst eine Wartefrist von zwölf Monaten einführen. Es handelte sich um die umstrittenste Massnahme, doch hiess der Rat sie mit 20 zu 18 Stimmen bei einer Enthaltung gut.
Schiesspflicht erfüllen
Gar nicht mehr zugelassen werden sollen Personen, die in der Armee keine Restdiensttage übrig haben. Damit will der Bundesrat verhindern, dass sich Armeeangehörige ohne restliche Diensttage durch den Wechsel in den Zivildienst der Schiesspflicht entziehen.
Weiter soll der erste Einsatz bereits im Jahr nach der Zulassung zum Zivildienst vollständig geleistet werden müssen. Danach besteht eine jährliche Einsatzpflicht. Personen, die zum Zeitpunkt der Zulassung die RS noch nicht bestanden haben, müssen ihren Zivildiensteinsatz von 180 Tagen spätestens im Kalenderjahr nach der rechtskräftigen Zulassung abschliessen.
Spezielle Ärzte-Klausel
Nicht mehr erlaubt sein sollen schliesslich Einsätze, die ein begonnenes oder abgeschlossenes Medizinstudium erfordern. Mediziner sollen also nicht mehr als Mediziner Zivildienst leisten dürfen. Das soll den Anreiz beseitigen, zwecks beruflicher Weiterbildung in den Zivildienst zu wechseln.
Die Gegnerinnen und Gegner sehen darin eine besonders unsinnige Massnahme. Die beruflichen Kompetenzen sollten genutzt werden, sagte Savary. Auch Hannes Germann (SVP/SH) zweifelte an der Massnahme. Eine einzelne Berufsgruppe zu nennen, scheine ihm etwas willkürlich, stellte er fest. Die Befürworter antworteten, Ärzte seien in der Armee Mangelware, das sei der eigentliche Hintergrund. Der Rat hiess die Massnahme mit 23 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.
Abschaffung der Gewissensprüfung
Das gestiegene Interesse am Zivildienst hat mit der Abschaffung der «Gewissensprüfung» im Jahr 2009 zu tun. Seither gilt der Umstand, dass Zivildienstleistende bereit sind, einen anderthalb Mal längeren Dienst zu leisten, als Tatbeweis für einen Gewissenskonflikt.
Als Folge stieg die Zahl der Zulassungen an - auf bis zu 6785 im Jahr 2017. Zwar gingen sie seither wieder leicht zurück. Für Bundesrat Guy Parmelin ändert dies aber nichts an der Notwendigkeit des Massnahmenpakets, wie er im Ständerat sagte.