SVP-Bundesgerichtskandidat zieht sich zurück

19.06.2019, 09:03 Uhr
· Online seit 19.06.2019, 08:28 Uhr
Thomas Müller, der sich für die SVP als Kandidat für eine Stelle am Bundesgericht hat aufstellen lassen, zieht sich zurück. Das gab SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi am Mittwochmorgen bekannt. Damit kommt es nicht zu einer Kampfwahl.
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Die SVP wollte mit ihrem Kandidaten die von der Gerichtskommission vorgeschlagene CVP-Kandidatin Julia Hänni aus dem Rennen werfen. Sie lehnte Hännis Kandidatur gestützt auf den Proporz ab. Bereits Anfang Juni gab die Partei bekannt, dass sie an ihrem Kandidaten Thomas Müller (BE) festhalte.

SVP-Fraktionssprecher Thomas Aeschi (ZH) erläuterte, die Richterstellen würden nach Proporz gewählt. Die SVP sei seit 2015 mit 1,5 Richtern untervertreten. Würde die CVP-Kandidatin gewählt, würde sich dies weiter verstärken. Die SVP könne die Argumente derjenigen Parteien, welche den Proporz nicht unterstützen, nicht verstehen.

Thomas Müller habe jedoch an der Kommissionssitzung am Mittwochmorgen entschieden, seine Kandidatur zurückzuziehen. Die SVP hoffe, dass sich das Parlament bei den Richterwahlen im September an den Proporz halten werde.

Hänni an Abteilung für Grundrechte

Julia Hänni (CVP) wird von der Kommission für die Stelle der ordentlichen Richterin in deutscher Sprache an der Zweiten öffentlich-rechtliche Abteilung vorgeschlagen. Diese Abteilung kümmert sich um Grundrechte, Steuerrecht, Ausländerrecht und öffentliches Wirtschaftsrecht.

Für die Stelle des Richters in französischer Sprache empfiehlt die Kommission Bernard Abrecht (SP). Diese Wahl dürfte Formsache sein. Er wird für die Stelle an der Ersten sozialrechtlichen Abteilung empfohlen, welche sich um die Invalidenversicherung, Unfallversicherung, Sozialhilfe und das öffentliche Personalrecht kümmert. Die SVP unterstützt diese Kandidatur.

Bei der Wahl geht es um die Nachfolge von Peter Karlen (SVP) und Jean-Maurice Frésard (SP). Diese gaben ihren Rücktritt per 30. Juni 2019 bekannt.

Monika Galliker nebenamtliche Richterin

Zur Wahl steht am Mittwoch zudem Monika Galliker als nebenamtliche Richterin italienischer Sprache am Bundesstrafgericht für den Rest der Amtsperiode 2016 bis 2021. Die Stelle an der Straf- und Beschwerdekammer wurde frei, weil Claudia Solcà (CVP/TI) im Sommer 2018 als ordentliche Richterin an die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts gewählt wurde.

Galliker ist Mitglied der CVP. Bei den nebenamtlichen Richtern ist die Partei leicht über-, bei den ordentlichen Richtern leicht unter vertreten. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Rekrutierung einer geeigneten Person habe die Gerichtskommission der Parteizugehörigkeit bei der Empfehlung von Galliker eine geringere Bedeutung beigemessen, wie die Kommission schrieb. Zudem würde mit ihrer Wahl die Untervertretung der Frauen am Bundesstrafgericht verringert.

Galliker hat Jahrgang 1968 und das Anwaltspatent des Kantons Tessin. Dort arbeitete sie zunächst bei der Staatsanwaltschaft als juristische Sekretärin, dann als stellvertretende Staatsanwältin und später als Staatsanwältin. Danach wechselte sie an die Beschwerdekammer des Berufungsgerichts von Lugano.

Wiederwahl von Michael Lauber noch offen

Die Bundesversammlung muss zudem über die Wiederwahl der beiden stellvertretenden Bundesanwälte Ruedi Montanari und Jacques Rayroud für die Amtszeit von 2020 bis 2023 entscheiden. Ausserdem steht die Wiederwahl des Bundesanwalts Michael Lauber im Raum.

Lauber hat sich zur Wiederwahl gestellt. Die Gerichtskommission verschob die Wahl jedoch, weil die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft ein Disziplinarverfahren gegen Lauber eröffnet hatte.

Hintergrund sind nicht dokumentierte informelle Treffen mit Fifa-Chef Gianni Infantino. Im Raum steht auch der Verdacht der Amtsgeheimnisverletzung, weil unbeteiligte Dritte an den Treffen teilnahmen. Über seine Wiederwahl soll die Bundesversammlung voraussichtlich im Herbst entscheiden.

veröffentlicht: 19. Juni 2019 08:28
aktualisiert: 19. Juni 2019 09:03
Quelle: SDA

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