Frühjahrssession

Ukraine-Krieg löst bei Fraktionen verschiedene Forderungen aus

· Online seit 16.03.2022, 12:43 Uhr
Der Krieg in der Ukraine ist weiterhin das Thema an der Frühjahrssession im Bundeshaus. Während einer dringlichen Debatte haben die Fraktionen im Nationalrat skizziert, welche Lehren die Schweiz aus der Krise ziehen soll. Der Bundesrat erhielt mehrheitlich gute Noten.
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Traktandiert waren am Mittwoch elf Interpellationen aller sechs Parlamentsfraktionen, die das Ratsbüro vor zwei Wochen für dringlich erklärt hatte. Während rund drei Stunden sprachen zahlreiche Ratsmitglieder verschiedene Aspekte rund um den Ukraine-Krieg an.

Beschlüsse gab es nicht. Formal ging es um die Beantwortung von Fragen aus dem Parlament durch den Bundesrat. Die Landesregierung unterstrich den Stellenwert des Themas, indem sie vier Mitglieder in den Nationalratssaal schickte.

Ausbau der humanitären Hilfe

Den grössten Redeanteil hatten aber die Fraktionen. Neben teils emotionalen, stets unterstützenden Worten an die Adresse der ukrainischen Bevölkerung stellten die Rednerinnen und Redner verschiedene Forderungen auf. So ging es unter anderem um eine Aufstockung der Mittel für die Armee, Änderungen bei der Sanktionspolitik und mehr Hilfe für Geflüchtete - Themen, die bereits in den vergangenen Tagen medial platziert worden waren.

Die SP forderte etwa, dass die Schweiz weitere EU-Sanktionen in Zukunft rasch und umfassend umsetzen solle, wie Claudia Friedl (SP/SG) sagte. Zudem müssten eingefrorene Vermögenswerte von Mitgliedern des russischen Regimes beschlagnahmt werden.

Weiter soll aus Sicht der SP die humanitäre Hilfe zugunsten der Kriegsbetroffenen ausgebaut werden. Schliesslich gelte es alles zu unternehmen, den russischen Präsidenten Wladimir Putin an einen Gesprächstisch zu bringen.

Die Grünen stellten die Abhängigkeit der Schweiz von russischem Gas ins Zentrum ihrer Voten. Aline Trede (Grüne/BE) plädierte für einen ökologischen Ersatz aller heute betriebenen 180'000 Gasheizungen. «Das ist innert drei bis fünf Jahren machbar.»

Weitere Rednerinnen und Redner der Grünen forderten, dass die Schweiz ihre Grenzen für Flüchtlinge weiterhin offenhalten solle. Zudem müsse alles dafür getan werden, dass baldige Friedensverhandlungen stattfinden könnten.

Mehr Geld für die Armee

Die Grünliberalen standen für eine Stärkung der europäischen Zusammenarbeit ein. Zwar sei ein Nato-Beitritt der Schweiz nicht mit der Neutralität vereinbar, sagte Roland Fischer (GLP/LU). Es brauche aber eine vermehrte Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten und der EU. «Neutralität bedeutet nicht, dass wir keine Haltung einnehmen.»

Auch für die Mitte-Fraktion braucht es eine verstärkte Zusammenarbeit mit europäischen Ländern, wie Ida Glanzmann-Hunkeler (Mitte/LU) festhielt - dies jedoch immer mit Blick auf die Neutralität. Es stelle sich auch die Frage, ob die Schweizer Armee noch genug gut ausgerüstet sei.

Für die SVP ist die Antwort auf diese Frage klar: Es braucht mehr Mittel. Jean-Luc Addor (SVP/VS) forderte Armeeausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP), wie dies in anderen europäischen Ländern angestrebt wird. Heute sind es in der Schweiz 0,7 Prozent des BIP. Es bräuchte aus Sicht der SVP also rund zwei Milliarden Franken mehr pro Jahr für die Verteidigung.

Unterstützung erhält sie von der FDP. Maja Riniker (FDP/AG) plädierte dafür, den Armeebestand um 20'000 Personen auf 120'000 Frauen und Männer zu erhöhen. Europa befinde sich an einem «Wendepunkt in der Sicherheitspolitik».

Zehntausende Flüchtlinge erwartet

Die meisten Fraktionen hielten sich mit harscher Kritik am Bundesrat zurück. Zwar monierten einige, dass die Regierung zu Beginn des Krieges überrascht worden sei, zu zögerlich gehandelt und die EU-Sanktionen erst unter grossem Druck vollumfänglich übernommen habe. Insgesamt habe der Bundesrat aber angemessen reagiert.

Bundespräsident Ignazio Cassis sprach im Nationalrat von der «schwersten Sicherheitskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg». Die humanitäre Situation in der Ukraine sei katastrophal; zwölf Millionen Menschen seien auf Nothilfe angewiesen.

«Das russische Vorgehen wird immer rücksichtsloser», hielt Verteidigungsministerin Viola Amherd fest. Der Bund habe das Kriegsszenario jedoch nicht unterschätzt. «Die Armee ist auf Kurs und richtig aufgestellt.»

Justizministerin Karin Keller-Sutter wiederholte ihre Aussage, wonach der Bund aktuell davon ausgehe, dass bis im Juni zwischen 35'000 und 50'000 Ukrainerinnen und Ukrainer in die Schweiz kommen könnten. Die Schweiz helfe, wo sie könne.

Schliesslich untermauerte Umweltministerin Simonetta Sommaruga die Ziele des Bundesrats bezüglich Energiesicherheit: «Wir müssen die Abhängigkeit von Öl und Gas verringern, die erneuerbaren Energien mit mehr Tempo ausbauen sowie die Energieverschwendung stoppen.»

veröffentlicht: 16. März 2022 12:43
aktualisiert: 16. März 2022 12:43
Quelle: sda

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