Umwelt

Umweltskandal in Mitholzer Kiesgrube zieht immer weitere Kreise

20.01.2021, 15:29 Uhr
· Online seit 20.01.2021, 15:10 Uhr
Nicht nur giftiger Bahnschotter, auch andere belastete Materialien sind mutmasslich über Jahre illegal im Steinbruch Mitholz im Berner Oberland abgelagert worden. Das zeigen jüngste Recherchen der SRF-Sendung «Rundschau» und der Tamedia-Zeitungen.
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Die Spur führt zu einem Berner Transportunternehmer, wie Dokumente des Rechercheteams von «Rundschau» und «Berner Zeitung» zeigen, in welche die Nachrichtenagentur Keystone-sda am Mittwoch Einblick nehmen konnte.

Dem Mann wird vorgeworfen, er habe von zwei Zürcher Baustoff-Unternehmen Inertstofffe und der nach der Waschung von Aushub übrig bleibende Pressschlamm zur Entsorgung übernommen.

Den Zürchern habe der Berner Transporteur die Kosten für eine legale Entsorgung dieser mutmasslich teilweise belasteten Stoffe verrechnet. Diese müssen nämlich in entsprechend gesicherten Deponien abgelegt werden, was seinen Preis hat.

Statt wie vereinbart die Stoffe in die gesicherte Deponie zu bringen, verfrachteten die vom Transportunternehmer angeheuerten Chauffeure die Materialien in den zum Vigier-Konzern gehörenden Steinbruch nach Mitholz.

Der Steinbruch ist explizit keine Deponie. Er darf aber zur Auffüllung sauberen Aushub verwenden. So mussten die Chauffeure kurzerhand ihre Ladung für Mitholz als sauber umdeklarieren. Der Schwindel fiel im Berner Oberland offenbar niemandem auf.

Die Ablagerung sauberer Stoffe ist deutlich billiger als für verschmutzte Stoffe. Der Gewinn wurde vom Transporteur eingestrichen. Die beiden Zürcher Firmen fühlen sich vom Transporteur übers Ohr gehauen. Inzwischen ist die Justiz tätig geworden. Die Betroffenen machen daher mit Verweis auf die laufenden Untersuchungen keine näheren Angaben zum Fall.

Anweisungen vom Chef

Nebst einer Strafuntersuchung zum Betrieb einer mutmasslich illegalen Deponie in Mitholz, werden auch die Geschäfte des Transportunternehmers von den Untersuchungsbehörden durchleuchtet. Ihm werden Betrug und Vergehen gegen die Gewässerschutz-, Umweltschutz- und Abfallgesetzgebung vorgeworfen. Es gilt die Unschuldsvermutung, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt.

Dokumente, die dem Rechercheteam vorliegen, zeigen, dass der Transporteur im zürcherischen Regensdorf jeweils Inertstoffe oder Pressschlamm entgegen nahm mit dem Zielort Attisholz im Kanton Solothurn. Dort befindet sich eine entsprechende Deponie.

Ein Transportschein, in den die Nachrichtenagentur Keystone-sda Einsicht nehmen konnte, zeigt, dass unter dem aufgeführten Bestimmungsort Attisholz von Hand ein Pfeil eingezeichnet worden war und dahinter der Ort Blausee vermerkt war. Die Liefermenge betrug fast 30 Tonnen.

Verschiedene Chauffeure berichteten gegenüber dem Rechercheteam, dass sie jeweils unterwegs vom Chef angewiesen wurden, die Ladung statt nach Attisholz in den Steinbruch Mitholz zu bringen.

In den Jahren 2015, 2016 und 2017 dürften nach dieser Methode Hunderte, wenn nicht Tausende Tonnen Pressschlamm und anderes belastetes Material nach Mitholz gelangt sein, wie Dokumente zeigen. Wie viel genau verschmutzt war, ist noch unklar. Bei mindestens 4500 Tonnen besteht immerhin ein Verdacht.

Bei den nach Mitholz gebrachten Stoffen handelt es sich mutmasslich um solche mit leichteren Verunreinigungen.

Forellensterben

Seit 2018 kam es bei der Forellenzucht am Blausee immer wieder zu Fischsterben. Die prominenten Besitzer des Ausflugsziels mit Fischzucht um ex-Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand, vermuteten, dass illegal im Steinbruch abgelagerter Müll dafür verantwortlich sein könnte. Sie reichten vergangenen Sommer Strafanzeige ein.

Im Fokus stand das Bahnunternehmen BLS. Im Steinbruch Mitholz soll verschmutzter Altschotter gelagert worden sein, der bei der Sanierung des Lötschberg-Scheiteltunnels anfiel. Auch giftige alte Bahnschwellen sollen in die etwas mehr als einen Kilometer vom Ausflugsziel Blausee entfernte Kiesgrube gelangt sein.

veröffentlicht: 20. Januar 2021 15:10
aktualisiert: 20. Januar 2021 15:29
Quelle: sda

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