Abstimmung vom 25. September

Verstehst du bei der Verrechnungssteuer nur Bahnhof?

16.08.2022, 22:30 Uhr
· Online seit 16.08.2022, 12:11 Uhr
Am 25. September kommt die Teil-Abschaffung der Verrechnungssteuer vors Volk. Hier erfährst du, worum es geht.
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Die Vorlage, über die das Stimmvolk am 25. September abstimmt, klingt trocken: «Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer». Verstehst du nur Bahnhof? In der folgenden Übersicht erhältst du die wichtigsten Antworten dazu:

Was ist eigentlich eine Verrechnungssteuer?

Es handelt sich um eine vom Bund an der Quelle erhobene Steuer auf dem Ertrag des beweglichen Kapitalvermögens. Dazu zählen insbesondere Zinsen und Dividenden, schweizerische Lotteriegewinne und bestimmte Versicherungsleistungen. Der Bund erhebt auf Einkommen aus Zinsen eine Verrechnungssteuer von 35 Prozent. Geben in der Schweiz wohnhafte Privatpersonen die Zinsen in der Steuererklärung an, können sie diese zurückfordern. Die Steuer soll in erster Linie die Steuerhinterziehung verhindern.

Was will die Vorlage?

Die Verrechnungssteuer auf inländische Obligationen soll abgeschafft werden. Wer neu ausgegebene Schweizer Obligationen erwirbt oder in Fonds mit Obligationen investiert, soll auf den Zinsen keine Verrechnungssteuer mehr bezahlen müssen. Bei bestehenden Obligationen bleibt die Verrechnungssteuer hingegen bestehen. Über die Vorlage wird abgestimmt, weil dagegen das Referendum ergriffen wurde.

Warum soll die Verrechnungssteuer abgeschafft werden?

Das Ziel ist eine Stärkung des Fremdkapitalmarkts. Wegen der Verrechnungssteuer sind Schweizer Obligationen für ausländische Anlegerinnen und Anleger unattraktiv. Die Verrechnungssteuer ist aber auch für viele inländische Unternehmen ein Problem. Um diese zu umgehen, geben viele Unternehmen ihre Obligationen vorwiegend im Ausland aus. Ob alle Zinseinnahmen tatsächlich versteuert werden, ist damit unklar.

Der Bundesrat rechnet damit, dass mit dem Wegfall der Verrechnungssteuer viele Unternehmen Geld wieder in der Schweiz aufnehmen. Dies würde zu mehr Steuereinnahmen bei Bund, Kantonen und Gemeinden führen.

Die Anleger können die Zinsen zurückfordern. Wo liegt das Problem?

Die Abwicklung der Verrechnungssteuer ist für die Anlegerinnen und Anleger, für die Unternehmen sowie für Bund, Kantone und Gemeinden mit Aufwand verbunden. Für Privatpersonen, die im Ausland wohnen, sowie für Unternehmen ist die Rückforderung kompliziert, da sie ein Rückerstattungsgesuch stellen müssen. Wird dieses aus dem Ausland gestellt, erhalten sie die Verrechnungssteuer zudem aus rechtlichen Gründen je nach Konstellation nur teilweise oder gar nicht zurück.

Für Anleger sei es relativ kompliziert, die Verrechnungssteuer zurückzufordern, sagte Finanzminister Ueli Maurer (SVP) am Montag in Bern vor den Medien. Um den Aufwand zu umgehen, würden die Obligationen vermehrt im Ausland ausgegeben. «Wir verlieren dadurch Wirtschaftssubstrat, Arbeitsplätze und Steuersubstrat.»

Was sagen die Befürworter?
Nach Ansicht der bürgerlichen Parteien SVP, FDP und Mitte sowie der GLP stellen die Verrechnungssteuer und die Umsatzabgabe ein Hindernis für den Schweizer Fremdkapitalmarkt dar. Die Reform sei «überfällig». Heute seien Betriebe im Inland faktisch gezwungen, ihr Kapital für Investitionen im Ausland aufzunehmen. Künftig werde es attraktiver, inländische Obligationen über einen inländischen Effektenhändler zu erwerben.

Wenn die Anpassung nicht gemacht werde, sei das «ein Schuss ins eigene Bein», warnen auch die Wirtschaftsverbände. Es würden noch mehr Firmen und Gelder abwandern. Der Werkplatz brauche dieses Geld.

Wie argumentieren die Gegner?

Das Referendum gegen die Abschaffung der Verrechnungssteuer war von SP, Grünen und Gewerkschaften ergriffen worden. Die EVP hat ebenfalls die Nein-Parole zur Vorlage ergriffen. Die Abschaffung der Verrechnungssteuer sei ein «Freipass zur Steuerkriminalität» auf Kosten der Allgemeinheit, machen die Gegner geltend. Für Sparkonti nämlich bleibe die Verrechnungssteuer bestehen.

Das Referendumskomitee argumentiert auch mit finanziellen Verlusten für den Bund. Altersvorsorge, Klimawandel und der Verlust an Biodiversität seien grosse finanzpolitische Herausforderungen. Da bleibe es ein Rätsel, weshalb nun jene Steuerprivilegien erhalten sollten, die sie am wenigsten nötig hätten.

(bza/sda)

veröffentlicht: 16. August 2022 12:11
aktualisiert: 16. August 2022 22:30
Quelle: Today-Zentralredaktion

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