Heute ist der internationale Tag der Pressefreiheit. Für die Schweiz gibt es an diesem Tag aber wenig zu feiern. Das Land belegt in der von Reporter ohne Grenzen veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit 2022 nämlich nur noch den 14. Platz. Im Vorjahr lag es noch auf Platz 10. Was sind die Gründe für den Rutsch aus den Top-Ten? Die Redaktion hat bei Bettina Büsser von Reporter ohne Grenzen Schweiz nachgefragt.
Sinkende Medienvielfalt, steigende rechtliche Hürden
Es seien vor allem drei Ursachen, die zum Abstieg führten, sagt Büsser. Der erste Grund ist ökonomischer Natur. Die Schweizer Medien kämen wirtschaftlich immer mehr unter Druck. Werbeeinnahmen sinken, Titel werden eingestellt und Redaktionen zusammengelegt. All dies habe ein Verlust an Medienvielfalt zur Folge. Diese Vielfalt sei für die Pressefreiheit aber wichtig.
Ebenfalls einen Einfluss habe die rechtliche Entwicklung. Die im Bankengesetz vorgesehene Bestrafung von Journalisten, die über Leaks berichten, sei ein Problem, genauso wie die Pläne im Parlament zur Vereinfachung von vorsorglichen Massnahmen gegen Medien . «Das sind Knebelvorgänge, die Recherchen und Publikationen verhindern sollen, obwohl sie für die Allgemeinheit interessant sind», sagt Büsser.
Sicherheit – ein neuartiges Problem
Drittens wirke sich das Thema Sicherheit auf die Schweizer Pressefreiheit aus. Viele Journalistinnen und Journalisten seien in den letzten zwei Jahren bei Veranstaltungen von Coronamassnahmen-Gegnern nicht nur schief angeschaut, sondern auch beschimpft und tätlich angegriffen worden. «Das man mit Personenschutz an Demonstrationen gehen muss, ist für die Schweizer Medien ein neues Phänomen», so Büsser.
Weltweit leide die Pressefreiheit unter einer Tendenz hin zu autoritären Regimen. Medien würden entweder von Machthabern dominiert oder, wenn sie kritisch berichten, verboten. «Das erleben wir in diesen Tagen massiv in Russland, es ist aber auch in anderen Ländern ein Problem. Etwa in Demokratien, die aktuell gegen einen autoritären Staat kippen.» Das bedeute immer eine Abnahme von Vielfalt und Meinungsfreiheit.
Trotz dieser ernüchternden Einschätzung dürfe man aber nicht verkrampft auf die Zahlen starren, räumt Bettina Büsser ein. Es habe auch methodische Ursachen, dass die Schweiz im Ranking weniger gut abgeschlossen habe. «Wir sind nicht schlimm dran, wenn es um die Pressefreiheit geht. Aber im Vergleich mit der Situation früher, ist sie nicht mehr ganz gut. Das ist schade – und wir sollten es verbessern.»
(osc)