Wenn es dunkel wird: No-go-Areas gibt es auch in der Schweiz

15.06.2018, 11:10 Uhr
· Online seit 15.06.2018, 10:15 Uhr
Die meisten Erwachsenen in der Schweiz fühlen sich sicher, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit in der eigenen Wohngegend zu Fuss unterwegs sind. Dennoch geben 27 Prozent der Männer und sogar 53 Prozent der Frauen an, gewisse Orte aus Sicherheitsgründen zu meiden.
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No-go-Areas für Frauen sind dabei häufig verlassene Orte, zum Beispiel Unterführungen oder Parkhäuser. Dies geht aus dem am Freitag erstmals veröffentlichten «Sicherheitsmonitor» des Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV) hervor. In dessen Auftrag befragte die Forschungsstelle sotomo im März und April 10’401 Personen zu ihren Sicherheitseinschätzungen.

Auffällig ist, dass sich nicht nur Frauen, sondern auch politisch rechtsstehende Personen überdurchschnittlich häufig nicht an bestimmte Orte wagen. Hier sind es jedoch eher «Problemquartiere» und andere städtische Gebiete, die gemieden werden.

Generell sind «Bewegungsfreiheit» und das «Freisein von Angst» für Frauen zentrale Aspekte von Sicherheit und Freiheit. Dabei zeigen sich wiederum starke Übereinstimmungen mit Personen aus dem politisch rechten Spektrum. Derweil aus Frauensicht die Gefahr eines Übergriffs im Vordergrund steht, geht es bei politisch Rechtsstehenden eher um das Fremde, das Unsicherheit auslöst.

Geht es um die Einschätzung von persönlichen Risiken im Leben, steht der Arbeitsplatzverlust an erster Stelle: 21 Prozent gehen hier von einem grossen mittelfristigen Risiko aus. Weit weniger gefürchtet wird ein Angriff auf Leib und Leben (9 Prozent). Gemessen an der tatsächlichen Häufigkeit, wird das Risiko eines Angriffs auf Leib und Leben dennoch besonders oft überschätzt.

Ähnlich oft überschätzt wird nur das Risiko, von einem extremen Naturereignis betroffen zu sein. Hier gehen drei Viertel der Befragten davon aus, dass die Häufigkeit solcher Ereignisse zunehmen wird.

«Unvernünftige» Risiken gehen die Erwachsenen in der Schweiz am weitaus häufigsten im Strassenverkehr ein, obwohl sie sich selber in diesem Bereich nicht als besonders risikofreudig einschätzen. Die wenigsten «unvernünftigen» Risiken nehmen die Befragten gemäss Selbstangabe bei Versicherungen und Finanzanlagen in Kauf.

Viele gehen davon aus, dass wer besondere Risiken eingeht, auch selber dafür Verantwortung übernehmen soll. Nur rund ein Drittel ist der Ansicht, dass bei einem Unfall in einer Risikosportart die Versicherung die Behandlungskosten der Betroffenen vollumfänglich übernehmen sollte. Je ein Drittel denkt, dass diese geteilt oder gar ganz durch die Unfallverursachenden getragen werden sollten.

Noch ausgeprägter wird das Verursacherprinzip für Personen gefordert, die trotz offizieller Reisewarnung in ein Land reisen und dort entführt werden. Eher überraschend ist in diesem Kontext der ausgeprägten Eigenverantwortung, dass 65 Prozent der Befragten die Einführung einer Helmpflicht beim Velofahren unterstützen.

Weit verbreitet ist die Sorge um das finanzielle Netz der Lebenssicherheit. Nur 36 Prozent sehen heute ihr Sicherheitsbedürfnis bezüglich Altersvorsorge befriedigt. Drei Viertel gehen davon aus, dass in Zukunft weniger Geld für die AHV-Renten zur Verfügung stehen wird.

Derweil nur eine Minderheit für sich selber einen einmaligen Kapitalbezug des Pensionskassenguthabens wünscht, stellt sich eine klare Mehrheit gegen die Abschaffung der Wahlfreiheit zwischen der Auszahlung als monatliche Rente und dem Kapitalbezug.

Wie der «SVV Sicherheitsmonitor» deutlich macht, zieht sich diese typisch schweizerische Verbindung von Sicherheitsbedürfnis und Freiheitsliebe durch eine ganze Reihe von Lebensbereichen. Es sei dabei kein Zufall, dass die von den Befragten selber vorgenommenen Definitionen von «Sicherheit» und «Freiheit» oft sehr nahe beieinanderliegen würden.

veröffentlicht: 15. Juni 2018 10:15
aktualisiert: 15. Juni 2018 11:10
Quelle: SDA

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