Neurologie

Wie das Gehirn unter Stress schlechte Entscheidungen fabriziert

02.02.2021, 17:02 Uhr
· Online seit 02.02.2021, 17:01 Uhr
Stress führt dazu, dass man bei einer Entscheidung die schlechte Wahl trifft. Lausanner Forscher decken nun im Fachmagazin «Neuron» die neurologischen Mechanismen dieses Phänomens im Tiermodell auf.
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Ein bisschen Stress schadet nicht, im Gegenteil: Bestimmte Hirnareale kommen bei Stress auf Touren und steigern die Aufmerksamkeit für Details. Stress kann sich aber auch negativ auswirken, unter anderem auf die Entscheidungsfähigkeit.

Die Forschenden der Universität Lausanne um den Neurowissenschaftler Manuel Mameli sind diesem Umstand nun in Experimenten mit Mäusen auf den Grund gegangen. Dabei liessen sie den Tieren in einem Labyrinth die Wahl zwischen zwei Korridoren: Am Ende des einen lockte eine Belohnung, im anderen gab es nichts zu futtern. Nachdem sich die Mäuse mit dem Labyrinth vertraut gemacht hatten, stressten die Forschenden die Hälfte der Versuchstiere, indem sie ihnen schwache Elektroschocks an den Beinen zuführten.

Kein Signal bei schlechter Wahl

Am Tag der Wahrheit platzierte das Team das Häppchen von dem einen in den anderen Korridor um. Dann wurde die Futterjagd eröffnet und die Forschenden liessen die Mäuse dutzende Male entscheiden, in welchen Korridor sie huschen möchten. Resultat: Die gestressten Nager wählten im Vergleich zu ihren Artgenossen doppelt so häufig den falschen Weg.

In Hirnscans stellte das Team Unterschiede zwischen den Mäusen in der sogenannten lateralen Habenula fest, wo unerfreuliche Ereignisse verarbeitet werden. Demnach war die Aktivität der Synapsen in dieser Hirnregion bei gestressten Mäusen schwächer. Das führt zu schlechteren Entscheidungen und grösserer Enttäuschung. «Es ist, als ob die Nervenzellen dem Tier nicht mehr das notwendige Signal geben, um zu sagen: Du triffst die falsche Wahl, das Futter ist weg. Ändere deine Strategie!», sagte Mameli gemäss einer Mitteilung der Uni Lausanne.

Einer Therapie auf der Spur

Aus der Neurologie wisse man bereits, dass Menschen mit Depressionen grosse Schwierigkeiten hätten, Entscheidungen zu treffen und zu erkennen, welche Optionen gut oder schlecht seien, so Mameli. Deshalb möchte das Team ihr Experiment nun mit Mäusen wiederholen, die an der Krankheit leiden. So könnte sich zeigen, ob die laterale Habula ein mögliches Ziel für psychiatrische Behandlungen ist, wie die Forschenden hoffen.

https://doi.org/10.1016/j.neuron.2021.01.008

veröffentlicht: 2. Februar 2021 17:01
aktualisiert: 2. Februar 2021 17:02
Quelle: sda

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