Paradox?

Wieso die Schweiz trotz Spar-Appellen derzeit Strom exportiert

· Online seit 05.09.2022, 07:58 Uhr
Der Bundesrat rief jüngst Bevölkerung und Betriebe dazu auf, Strom zu sparen. Gleichzeitig aber wird Energie für gutes Geld ins Ausland exportiert. Wieso das Sinn macht.
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Es tönt paradox: Wir sollen alle auf unseren Energieverbrauch achten und gleichzeitig wird der Strom zu Höchstpreisen etwa nach Deutschland exportiert. Am Tag der Pressekonferenz des Bundesrats exportierte die Schweiz rund drei von mehr als zehn Gigawatt der Inlandsproduktion, schreibt die «Handelszeitung».

Was auf den ersten Blick verwunderlich tönt, ist ganz normales Geschäft: Die Schweiz exportiert im Sommer Strom aus den Stauseen – im Winter aber wird importiert. Grund ist unser Energiemix: Wasserkraft macht rund zwei Drittel der Schweizer Stromproduktion aus.

Kein Speicherplatz

Das Problem: Die Energie kann im Spätsommer nicht gespeichert werden. In den Stauseen hat es nämlich gar nicht Platz für das gesamte Wasser, das bis zum Winter noch in die Seen fliesst. Aktuell seien die Stauseen zu 80 Prozent voll, man könnte nur 1800 Gigawattstunden speichern. Gleich viel also, wie die Schweiz in zehn Tagen verbraucht.

Würde man jetzt keinen oder weniger Strom produzieren, wären die Stauseen bis Ende September komplett voll. Darum sagt Michael Frank vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), «dass es durchaus Sinn macht, überschüssigen Strom ins Ausland zu verkaufen», schreibt der «Blick».

Europäische Gasspeicher entlastet

Der Vorteil davon: Die europäischen Nachbarländer können dank der Schweizer Stromexporte ihre Gasspeicher schonen, so bleibe dann im Winter mehr übrig: «Jede Kilowattstunde, die wir jetzt aus der Schweiz nach Deutschland liefern, senkt die Menge an Gas, die dort verstromt werden muss. Der derzeitige Stromexport hilft also mit Blick auf die kritische Winterversorgung», heisst es vonseiten des VSE.

Trotz der Exporte betont der VSE aber die Wichtigkeit des Stromsparens: «Energie, die wir jetzt nicht verschwenden, schont die Wasser- und Gasspeicher und dient uns im Hinblick auf die kritische Winterversorgung.» Es sei also wichtig, «dass die Energiesparkampagne ein Erfolg wird und wir alle – Branche, Unternehmen und Private – dazu beitragen.»

(jaw)

veröffentlicht: 5. September 2022 07:58
aktualisiert: 5. September 2022 07:58
Quelle: Today-Zentralredaktion

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