SBB-Fundbüro

«Wir fanden schon Laserblitzer oder Beinprothesen»

18.06.2020, 18:01 Uhr
· Online seit 18.06.2020, 17:32 Uhr
Die Meldung war so kurios, dass sie vergangene Woche sogar international die Runde machte: Eine Person hatte im vergangenen Oktober in einem Zug-Wagon auf dem Weg nach Luzern Goldbarren im Wert von 182'000 Franken liegen gelassen. Wir haben bei der SBB nachgefragt, was bei ihnen schon Kurioses abgegeben wurde.
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Walter Bader, Fachspezialist der SBB-Zentrale in Bern hat während seiner Laufbahn im Fundbüro schon so einiges Absurdes gesehen.

Was geht in den öffentlichen Verkehrsmitteln alles verloren?

Alles, was nicht verloren gehen sollte, kommt bei uns an. Das fängt an beim Gebiss und hört beim Elektrorollstuhl auf. Da kommt alles zusammen.

Was ist das Absurdeste, das verloren ging?

Für mich ist das sehr einfach, da sehr viele kuriose Gegenstände bei uns landen. Beispielsweise hatten wir ein Fakir-Set inklusive ausgestopfter Kobra und Flöte, ein Konfi-Glas mit «Omas Gallensteine» von 1966 oder auch ein Brautkleid. Einmal fanden wir sogar eine Sträflingsjacke aus dem Hochsicherheitsgefängnis Alcatraz aus San Francisco. Diese prüften wir auf ihre Echtheit, welche dann auch bestätigt wurde. Wir hatten aber auch schon einen Krummdolch gefunden, einen Laserblitzer, um die Geschwindigkeit zu messen, Glasaugen oder Beinprothesen.

Was passiert mit einem verlorenen Gegenstand?

Unsere Mitarbeiter, die unterwegs sind, werden mit einer App ausgestattet, mit der sie die verlorenen Gegenstände vorregistrieren können. Danach wird der Gegenstand mit Etikette und Barcode versehen und beim nächsten Bahnhof abgegeben. Dort kommt er in ein Schliessfach, worauf er erneut im System registriert wird. Über Nacht wird der Gegenstand nach Bern zur Fundzentrale geschickt, wo wer im System erfasst und mit den Verlustanzeigen abgeglichen wird. 94 Prozent der Personen, die eine Verlustanzeige machen, schalten diese online auf. Die anderen Prozente melden dies per Telefon oder direkt am Schalter. Bei Mobiltelefonen und Schlüsseln bieten wir die Möglichkeit, den Gegenstand nach Hause zu liefern.

Darf die SBB eine Tasche durchwühlen, um den Besitzer ausfindig zu machen?

Ja. Denn wir müssen von Gesetzes wegen schauen, dass der Gegenstand wieder zum Besitzer zurückkommt. Denn Gegenstände, welche einen Wert unter 50 Franken haben, bewahren wir bei uns einen Monat auf. Gegenstände mit einem Wert über 50 Franken werden drei Monate aufbewahrt. Wenn man eine Tasche ungeprüft aufbewahrt, hat man innert kürzester Zeit viele Kleintiere im Lager. Wir nehmen darum auch nasse Sachen aus den Taschen heraus und trocknen diese. Verderbliche Esswaren werden entsorgt.

Welche Gegenstände gehen am häufigsten verloren?

Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 130'927 Gegenstände bei der SBB abgegeben. Rund 57 Prozent der Gegenstände kamen wieder zum Besitzer zurück. Platz eins der verlorenen Gegenstände geht an das Handy. Solche wurden im Jahr 2019 beispielsweise 15'327 Mal abgegeben. Auf Platz zwei waren es Rucksäcke, die 15’183 Mal verloren gingen und auf Platz drei waren es 11'591 Mäntel.

Bei zwei Drittel der Gegenstände findet man den Besitzer wieder, bei den anderen nicht. Kann man da zufrieden sein?

Das ist eine sehr gute Quote. Einen kaputten Handschuh, verdorbene Lebensmittel oder einen Plastiksack mit Papierflyern einer Ausstellung wird man beispielsweise wohl kaum noch suchen. Deshalb ist es gar nicht möglich, 100 Prozent der Gegenstände zum Besitzer zurückzugeben. Darum sind 57 Prozent sehr viel. Wir registrieren auch so gut wie alle Gegenstände, andere Fundbüros lagern den Gegenstand erst ab einem gewissen Wert.

Was kostet dieser Service, wenn man den Gegenstand wiederfindet?

Die Preise sind variabel: Für den normalen Pendler, der kein Abonnement hat, kostet dies 20 Franken. Mit einem Halbtax oder Jahresabo kostet es nur zehn und mit einem GA fünf Franken. Eine Verlustanzeige ist im Internet gratis.

Was geben Sie den Pendlern mit auf den Weg?

Da gibt es eigentlich nur eines: Wenn man in einem öffentlichen Verkehrsmittel aussteigt, sollte man unbedingt nochmals einen Blick zurückwerfen, damit man auch nichts liegen lässt.

veröffentlicht: 18. Juni 2020 17:32
aktualisiert: 18. Juni 2020 18:01
Quelle: PilatusToday

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