Coronavirus - Schweiz

Wirtschaft leidet unter Corona - Grösste Rückholaktion aller Zeiten

23.03.2020, 15:48 Uhr
· Online seit 23.03.2020, 15:20 Uhr
Über 8000 Infizierte, 70 Tote: Das ist die Schweizer Bilanz zur Coronavirus-Epidemie am frühen Montagnachmittag. Auch die Wirtschaft leidet. Im März haben 21'000 Betriebe für 315'000 Arbeitnehmende ein Kurzarbeitsgesuch gestellt.
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Damit sind 6,1 Prozent der Beschäftigten in der Schweiz von Kurzarbeit betroffen. Dieser Anstieg sei «unvergleichlich» mit der Finanzkrise, sagte Boris Zürcher vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Montag vor den Bundeshausmedien. Damals sei die Spitze bei 5000 Betrieben und 92'000 Arbeitnehmenden erreicht worden.

Am meisten Gesuche - für mehr als jeden vierten Arbeitnehmenden - seien im Kanton Tessin gestellt worden. Überdurchschnittlich betroffen seien Betriebe in den Bereichen Kultur, Verkehr und Handel. Zürcher erwartet in den kommenden Wochen eine weitere Zunahme der Kurzarbeitsgesuche.

Kurzarbeit soll Arbeitsplätze sichern, Entlassungen verhindern und die Auszahlung der Löhne ermöglichen, wie Zürcher sagte. Unternehmen sollten sich rasch melden. «Kurzarbeitsentschädigung wird nicht rückwirkend erteilt.» Die Komplexität der Formulare für die Unternehmen sei drastisch reduziert worden.

Tessin ging zu weit

Neben den Löhnen belasten auch die Mieten die Unternehmen und Haushalte. Vermieter und Mieter treffen sich am Dienstag zu einem runden Tisch, um über mögliche Lösungen zu diskutieren, wenn Mieten nicht mehr bezahlt werden können. Das sagte Martin Tschirren, Direktor des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO).

Zu weit ist aus Sicht der Bundesbehörden der Kanton Tessin gegangen.Die Schliessung von Baustellen und Industriebetrieben gehe über die Reglungen des Bundes hinaus, erklärte Martin Dumermuth, Direktor des Bundesamtes für Justiz. Betroffene Betriebe könnten sich gegen diese Schliessungen zur Wehr setzen.

Grosse Rückholaktion

Das Aussendepartement EDA hat derweil die grösste Rückholaktion aller Zeiten gestartet. Rund 15'000 Schweizerinnen und Schweizer sind nämlich nach wie vor im Ausland blockiert. Laut EDA-Krisenmanager Hans-Peter Lenz sind vor allem jene problematisch, die in abgelegenen Gebieten ausserhalb der Hauptstädte festsitzen.

Am Montag und Dienstag sind drei Rückholflüge geplant, die vom Bund mitfinanziert werden. Diese gehen nach Costa Rica, Kolumbien und Peru. Insgesamt 750 Personen sollen so zurückgeholt werden. Innerhalb der nächsten beiden Wochen sollen sämtliche Kontinente angeflogen werden, sagte Lenz. Zudem werde der Rhythmus der Flüge erhöht.

Zahl der Opfer steigt weiter

Trotz der teilweise drastischen Massnahmen der Behörden nehmen die Infektionen und Todesfälle vorerst ungebremst zu. Die Zahl der Toten ist bis am frühen Montagnachmittag auf 70 gestiegen, wie Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) sagte. Die Zahl der Infizierten betrug 8060 - 1046 mehr als 24 Stunden zuvor.

Die Kantone Tessin, Basel-Stadt und Waadt sind nach wie vor am stärksten betroffen. Die höchste Inzidenz (Fälle pro 100'000 Einwohner) hat laut aktualisiertem Situationsbericht zur epidemiologischen Lage der Kanton Tessin (326,9), gefolgt von den Kantonen Waadt (235,3) und Basel-Stadt (222,8).

Täglich würden rund 6000 Tests durchgeführt, sagte Koch. Dabei wird es vorläufig bleiben, für zusätzliche Tests fehlt das Material. «Der Nachschub ist nicht gesichert, deshalb müssen wir bei der jetzigen Strategie bleiben», sagte Koch. Einzelne Labors hätten bereits Mühe, genügend Testmaterial zu finden. Das sei vor allem dann problematisch, wenn man bestimmte Patienten unbedingt testen müsse.

veröffentlicht: 23. März 2020 15:20
aktualisiert: 23. März 2020 15:48
Quelle: sda

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