Laut freisinnigen Politikern sollen gierige Manager die Credit Suisse ins Verderben gestürzt haben. FDP-Nationalrat Beat Walti sprach davon, dass bei einzelnen Bankern die Gier grösser gewesen sei als ihre Vorsicht. «Zu Marktwirtschaft gehört auch Verantwortung», so Walti.
So steht es laut der Politik um die Gier. Wie sieht das aus psychologischer Sicht aus? Das erklärt Dr. Cornelia Nussle gegenüber der Today-Redaktion. Sie hat das Zuger Stress- & Persönlichkeits-Profil (ZSPP) entwickelt, das neue Massstäbe in der Rekrutierung setzen soll. Zudem ist sie Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Arbeits- und Organisationspsychologie (SGAOP).
Gier beginnt beim Feilschen auf dem Basar
Gier ist laut Nussle ein Motiv, das viele Menschen antreibt. «Es beginnt da, wo einem an einem Basar etwas zu einem überteuerten Preis angeboten wird und wo man dann in der Hoffnung auf einen Schnäppchenpreis feilscht.» Dies habe auch einen spielerischen Charakter. Vom urmenschlichen Verlangen «nach mehr» – was letztlich die Triebfeder für Fortschritt darstelle – geht es aber nahtlos über in eine pathologische Form von Gier. Nussle: «Wir erkennen die unregulierte Gier zum Beispiel an Geiz, zu teilen und mehr für sich behalten zu wollen als zu teilen. Oder auch daran, wenn man mehr einkauft als man verbrauchen kann.»
Anders als beim Feilschen auf dem Basar ist der Geldtopf bei Banken aber sehr gross, dasselbe gilt für Versicherungen und Grossindustrien. «Und wo der Pott sehr gross ist, da sammeln sich die Hyänen», sagt Nussle. Gier sei zudem von Intelligenz unabhängig, sie durchziehe die gesamte menschliche Gesellschaft.
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Indizien und Regulatoren der Gier
Umso wichtiger wird die Rekrutierung von Managern, denn dort gelte es, Blender und Narzissten zu identifizieren, Menschen mit wenig Interesse an den Anderen und der Gesellschaft. «Auf der anderen Seite sind es Verantwortungsbereitschaft, Fingerspitzengefühl und Robustheit sowie soziales Engagement, welche eine gute Führungskraft auszeichnen» so Nussle. Solche Eigenschaften seien Regulatoren der Gier.
Für die pathologische – also krankhafte – Gier wäre ein tieferer Exkurs nötig: «Es geht um ein frühkindliches Trauma von emotionaler Unterversorgung.» Daraus entstehe dann ein unbändiger Hunger nach materiellen Dingen und nach Macht. Dies laufe allerdings unbewusst ab. Man spreche dann von Narzissmus – und das sei toxisch für ein Grossunternehmen.
Die Reaktionen zum CS-Aus im «SonnTalk»:
Quelle: CH Media Video Unit / Das sind die Politik-Reaktionen zur CS-Übernahme / Beitrag vom 19.3.23