Ukraine-Krieg

Zwei russische Deserteure stellen Asylgesuch in der Schweiz

02.03.2023, 13:11 Uhr
· Online seit 20.10.2022, 08:59 Uhr
Sie sind Wladimir Putins Mobilmachung entkommen und haben hierzulande nun Asyl beantragt. Wladislaw und Iwan haben schwierige Monate hinter sich, und auch emotionale. Denn einer ihrer Väter ist gar Reservist – in der ukrainischen Armee.
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Es sind eindrückliche Schilderungen, welche die  «Wochenzeitung» (WOZ) veröffentlicht. Sie beschreiben, wie zwei russische männliche Staatsangehörige, beide jünger als 30 Jahre, den Beginn des Ukraine-Kriegs in ihrem Heimatland erlebt haben. Wie sie der Teilmobilmachung der Regierung im September entkamen. Und wie sie nun um die Sicherheit ihrer Hinterbliebenen in Russland fürchten. Denn dort sind sie nicht mehr – sie haben mittlerweile Asyl beantragt. In der Schweiz.

Einer von ihnen heisst Wladislaw. Der «WOZ» erzählt der 28-Jährige, Sohn einer Russin und eines Ukrainers, wie er in beiden Ländern aufwuchs und dann in Moskau studierte, ehe er nach Abschluss des Studiums den Militärdienst hätte antreten müssen. Diesen habe er aber umgehen können – er habe sich beim Rekrutierungsbüro einfach nicht gemeldet. «Und sie suchten auch nicht nach mir.»

Der Flug am Tag der Mobilmachung

Am 21. September ruft Putin die Teilmobilmachung aus. Wladislaw will Demonstranten, die deswegen auf die Strasse gingen und verhaftet wurden, auf dem Polizeiposten mit Lebensmitteln versorgen. Dort bekommt er mit, dass den Verhafteten gleich der Marschbefehl ausgestellt wurde – sie würden bald an der Front sein. Da beschliesst Wladislaw, Russland zu verlassen. Denn sonst müsste er womöglich einst die Waffe gegen den eigenen Vater erheben. Dieser ist Reservist in der ukrainischen Armee.

Weil Wladislaws Schwester in der Schweiz lebt, kann er mit einem Familienvisum einreisen. Er landet Ende September in Zürich und beantragt beim Migrationsamt Asyl. Dort trifft er auf Landsmann Iwan, der hierzulande bereits einer Ausbildung wegen gelebt hat. Im Sommer, nach deren Abschluss, kehrt er nach Moskau zurück, um Verwandte zu besuchen. Gleichzeitig verlängern die Schweizer Behörden sein Visum nicht mehr. Iwan will trotzdem noch einmal in die Schweiz fliegen, nur, um seine Sachen zu holen – just am 21. September.

Recht auf Asyl ist gegeben

Also entscheidet er sich, doch hier zu bleiben. Bei einer erneuten Rückkehr nach Russland wäre Iwan direkt in die Ukraine geschickt worden, sagt er gegenüber der «WOZ». Stattdessen beantragt auch er Asyl. Sein Gesuch, wie auch jenes von Wladislaw, sollen nun vom Staatssekretariat für Migration behandelt werden. So fordert es zumindest ein Jurist, der sich mit den beiden Fällen auseinandergesetzt hat.

Artikel 12 der Dublin-III-Verordnung sehe vor, dass jener Staat, der ein Visum oder einen Aufenthaltsstatus ausstellt, auch für den Antrag auf Asyl zuständig sei. Bei Wladislaw und Iwan trifft dies zu: Sie erhielten ihr Schengen-Visum in der Schweiz. Weil ihnen bei einer Rückkehr nach Russland Folter oder andere gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstossende Behandlungen drohen, wäre eine Gutheissung ihrer Anträge legitim, schätzt der Jurist ein.

(mhe)

veröffentlicht: 20. Oktober 2022 08:59
aktualisiert: 2. März 2023 13:11
Quelle: Today-Zentralredaktion

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