«Seid nicht so verklemmt und prüde!»

27.10.2017, 12:38 Uhr
· Online seit 27.10.2017, 11:25 Uhr
Der Artikel über die sexistischen Äusserungen von Speaker Christian Manser am Säulirennen hat viele Reaktionen ausgelöst. Die meisten Leser finden die Kritik an Manser übertrieben und sehen keine Probleme in seinen Worten. Dabei sind solche Äusserungen unter Umständen strafbar, wie eine Expertin erklärt.
Leila Akbarzada
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«Sind wir doch froh, dass wir keine grösseren Probleme haben. Man kann auch in Allem das Negative suchen», kommentiert eine Leserin den Artikel über die sexistischen Sprüche von Speaker Christian Manser während des Säulirennens.

Angriff auf SP

Auch andere Leserinnen und Leser finden die Sprüche nicht so schlimm und greifen die SP und Margrit Blaser, die sich im erwähnten Artikel zum Thema Alltagssexismus äussert, an. «Was auch die SP Frauen wieder für Probleme haben. Alltagssexismus. Himmel nochmal! Sex gehört zu unserem Leben und passiert millionenfach jeden Tag irgendwo....»

Toleranz gefordert

Ein Leser fordert gar Toleranz für solche Sprüche: «Wir sind alles Menschen mit Bedürfnisse. Zudem haben wir Männer nun mal den Drang uns fortzupflanzen. Da gehen schon mal Sprüche raus, die halt ein wenig freizügig sind. Seid doch mal ein wenig tolerant.» Auch auf Facebook findet man die Kritik an Manser übertrieben. «Zum Glück habt ihr keine anderen Probleme, ohne diesen Moderator wäre das Säulirennen nur ein Viertel so spannend, wer so verklemmt und prüde ist, soll besser zuhause bleiben», kommentiert Stefan Bühler. «Alles Mimimis, die jetzt zu diesem Auftritt einen dummen Latz haben», schreibt Pascal Vetsch.

Es gibt aber auch diejenige die sich an den Aussagen stören: «Unter der Gürtellinie», schreibt Juliana Borges de Souza. «Ich durfte meinen Kindern erklären, dass man mit Blasen sich keinen Vorteil verschaffen kann», kommentiert Peter den Artikel.

Die Umfrage zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der FM1Today-Leserinnen und Leser die Aussagen und Anspielungen von Manser als halb so wild taxieren.

Aussagen theoretisch strafbar

Doch Expertinnen auf dem Gebiet sind da ganz anderer Meinung. «Ich denke, dass es sich die Olma nicht leisten kann, einen Speaker zu beschäftigen, der auf so tiefem Niveau die Würde der Frau verletzt», sagt Regula Schmid, Rechtsanwältin und Präsidentin der Schlichtungsstelle für Klagen nach dem Gleichstellungsgesetz im Kanton St.Gallen. Sie sagt, dass solche sexistischen Äusserungen je nachdem sogar strafbar sind.

«Es gibt sexistische Äusserungen, die in Belästigung übergehen. Diese sind strafrechtlich gesehen eine Persönlichkeitsverletzung laut Artikel 28 im ZGB, und dafür gibt es auch eine Handhabung», sagt die Expertin. Bei den Aussagen von Manser könne man sich durchaus vorstellen, dass eine Persönlichkeitsverletzung vorliege und man unter Umständen klagen könnte. «Aber es ist wohl eher ein Grenzfall, bei dem man keine Massnahmen ergreift.»

«Olma trägt eine Verantwortung»

Denn an der Olma fehle der Schutzbereich. «Im Arbeitsverhältnis hat man diesen, und dort wäre ein solches Verhalten nicht tolerierbar. Ein Arbeitgeber hätte die Pflicht, einzuschreiten, wenn ein Arbeitnehmer so mit anderen Frauen am Arbeitsplatz redet», sagt Schmid. Tue er dies nicht, habe der Arbeitnehmer unter Umständen Anspruch auf Schadenersatz und Genugtuung.

In der heutigen Zeit sei es einfach nicht mehr denkbar, dass man so etwas noch im öffentlichen Raum mache. «Die Olma ist eine Publikumsmesse, sie trägt eine gewisse Verantwortung. So einen Speaker kann man nicht anstellen», findet sie.

Olma-Verantwortliche und Manser entschuldigen sich

Die Olma-Verantwortlichen haben sich gegenüber FM1Today zur Kritik geäussert. Wenn durch die «markigen Sprüche [...] Gefühle [...] verletzt wurden, war das bestimmt nicht die Absicht und dafür entschuldigen wir uns», schrieben die Verantwortlichen. Gleichzeitig betonte Katrin Meyerhans, Leiterin Publikumsmessen, dass bis zum zweiten Olma-Samstag keine Reklamationen bezüglich der Moderation eingegangen sind.

Auch Christian Manser entschuldigte sich. «Es ist nicht meine Absicht, irgendjemanden zu beleidigen.» Manchmal würden Leute in eine ganz andere Richtung denken, obwohl es seinerseits gar nicht so gemeint sei. «Wenn es solche Missverständnisse gibt, die jemanden verletzten, bedauere ich das.» Es könne in der Hitze des Gefechts - in der ganzen Spontaneität - sein, dass beim Publikum manches falsch ankomme oder er sich etwas ungeschickt ausdrücke. In Zukunft werde er sich bemühen, sich differenzierter auszudrücken.

veröffentlicht: 27. Oktober 2017 11:25
aktualisiert: 27. Oktober 2017 12:38

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