«Ein grosser Teil konsumiert Drogen»

10.07.2018, 20:33 Uhr
· Online seit 10.07.2018, 18:29 Uhr
Ein Todesfall überschattet das One Love Festival in Filisur. Was die Todesursache war, wird zum aktuellen Zeitpunkt untersucht. Der Gemeindepräsident erklärt, weshalb die Goaner trotz Drogen gern gesehene Gäste sind.
Dario Brazerol
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«Das One Love Festival findet schon seit Jahren bei uns statt», sagt Luzi Schutz, Gemeindepräsident von Bergün Filisur. «Die Veranstalter haben sich immer vorbildlich an die Auflagen gehalten und die Zusammenarbeit funktioniert gut - auch bei dem tragischen Unfall.» Am Sonntag wurde während des Festivals ein bewusstloser Mann ins Sanitäts-Zelt gebracht. Trotz eines Rettungshelikopters kam für den Mann jede Hilfe zu spät. Die Staatsanwaltschaft Graubünden ermittelt nun die Ursache für den Tod des Mannes. Eine Verdacht steht unausgesprochen im Raum: Der Tod könnte durch Drogenkonsum verursacht worden sein.

Goa-Partys sind sehr friedlich

Goa-Partys bestechen in der Regel durch ihre Friedlichkeit. Alle sind happy, alle haben sich gerne. Anders als bei anderen Festivals sind Sachbeschädigungen oder gar Gewalt kein Thema. Und doch: In den letzten zwei Jahren mussten schon zwei Todesfälle mit Goa-Festivals in Verbindung gebracht werden. Der Drogenkonsum an solchen Festivals ist ein offenes Geheimnis. Dies bestätigt auch Sebastian Kirsch, Geschäftsführer der Stiftung Bündner Suchthilfe: «Drogen sind Bestandteil dieser Party-Kultur. Die Drogen sind fast schon eine Voraussetzung für diese Art von Musik und Party-Kultur. Auch wenn nicht hundert Prozent der Besucher konsumieren, muss davon ausgegangen werden, dass es ein Grossteil in einer Form tut.»

Prävention als Bedingung

Dessen ist sich auch der Gemeindepräsident von Bergün Filisur bewusst: «Wie bei anderen Veranstaltungen, werden sicher auch hier teilweise Drogen konsumiert». Dies ist auch der Grund, weshalb die Präsenz der Drogeninformationsstelle «Safer Dance Swiss» eine Bedingung der Gemeinde an die Veranstalter des Festivals ist. Hannes Hergarten von «Safer Dance Swiss» weist auf die Wichtigkeit solcher präventiver oder «schadensmindernden» Massnahmen hin: «Einerseits liefern wir Informationen über gefährliche Tabletten oder Streckmittel, andererseits suchen wir das Gespräch mit den Besuchern. Wir bilden somit eine Ergänzung zur Sanität. Wenn jemand beispielsweise eine Panik-Attacke oder ähnliches hat, können wir ihn aufgrund unserer Erfahrung besser beruhigen als ein Sanitäter.»

«Vorbildlich an Auflagen gehalten»

Die Präsenz der Drogeninfo ist nur eine von vielen Auflagen, an die sich die Veranstalter halten müssen: «Unter anderem zahlen sie eine Pauschale an die Kurtaxe, Entschädigungen für das Land und auch an die privaten Grundeigentümer. Zusätzlich gibt es noch Auflagen von Kantonaler und Eidgenössischer Seite. Dort sind unter anderem die Ämter für Wald, Natur, Umwelt und Lebensmittel involviert», sagt Luzi Schmid. An all diese Auflagen haben sich die Veranstalter laut dem Gemeindepräsidenten immer vorbildlich gehalten.

Festival unterstützt Tourismus

Allgemein habe das Festival positive Auswirkungen auf die Gemeinde: «Trotz der Vorurteile, welche mit einem Goa-Festival einhergehen, hat das One Love den Tourismus in Filisur eher noch angekurbelt. Viele Besucher kehren hierher zurück auch in der festivalfreien Zeit.» Auch im Dorf seien die Festival-Besucher gerne gesehene Gäste: «Die Besucher verhalten sich sehr friedlich. Die Goa-Szene ist eine sehr naturverbundene Bewegung. Nach dem Festival findet sich auf dem Gelände nicht ein einziger Zigaretten-Stummel. Es ist kein Vergleich zu anderen Festivals wie beispielsweise dem Openair Frauenfeld.»

«Zukunft komplett offen»

Trotz aller Friedlichkeit, das Unglück von letzten Sonntag könnte seine Konsequenzen mit sich ziehen. Davon ist auch Sebastian Kirsch überzeugt: «Auf die Veranstalter wird sich durch diesen aktuellen Todesfall der Druck erhöhen, mehr Arbeit in die Prävention zu stecken und die Rahmenbedingungen werden erschwert werden.» Ob und wie sich das One Love Festival verändern wird, ist laut Gemeindepräsident Luzi Schutz aber noch nicht klar: «Die Zukunft des Festivals ist derzeit noch komplett offen. Das war aber bereits vor der diesjährigen Durchführung mit den Veranstaltern vereinbart. Wir werden nun das Gespräch suchen und dabei sicher auch den tragischen Zwischenfall besprechen. Vorerst müssen wir aber abwarten, bis wir gesicherte Informationen haben.»

 

veröffentlicht: 10. Juli 2018 18:29
aktualisiert: 10. Juli 2018 20:33

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