So trägt man heute kurze Hosen

· Online seit 17.06.2018, 12:30 Uhr
Werte Herren! Wir müssen das mit den kurzen Hosen repetieren. Denn so, wie die meisten die Shorts bisher verstanden haben – als stilbefreite «Offtime»-Alternative –, wird sie nicht mehr getragen.
Fabienne Engbers
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Eine Stilkritik von Jeroen Van Rooijen / NZZ Bellevue

In Zusammenarbeit mit:

Stilpalast

Ein «Gefühl der Freiheit, der Ursprünglichkeit, der Weltoffenheit», assoziierte Manuel Andrack, Ex-Sidekick von Harald Schmidt, in einem Plädoyer für die «Zeit» mit kurzen Hosen. «Sie vermitteln eine Aura der Leichtigkeit, ein Über-den-Dingen-Schweben, einen Hauch von Abenteuer», schwafelte er, bekannte aber in dem Essay gleichzeitig, eine der schlimmsten Sorten von kurzen Hosen zu tragen: Die Wanderhose mit abtrennbaren Beinteilen.

Daran sieht man: Andrack hat den Zug verpasst. Denn Shorts haben in der Mode eine neue Rolle angenommen. Der gemütliche Freund von einst steht jetzt auf einem anderen Bahnsteig und winkt Ihnen provozierend zu. Doch Vorsicht: Die Gleise dazwischen sind tückisch. Denn kurze Hosen sind die Königsklasse des Stilkönnens. Wer kurze Hosen tragen kann, steht über den Dingen. Alle anderen fallen durch und müssen nachsitzen.

5 goldene Regeln für Shorts:

1. Ein Mann, der kurze Hosen trägt, muss perfekte Beine haben. Das verlangt man bei den Damen mit kurzem Rock ja auch so – it’s only fair. Der Wuchs des Gehapparates ist gerade, also «H» und nicht «O» und auch nicht «X» tendierend. Die Beine müssen mindestens die Hälfte der Körperlänge messen – wer kürzere Haxen hat, ist nicht ohne weiteres befugt, Shorts zu tragen.

2. Die Knie müssen straff und fit sein, nicht schlaff und hängend. Die Waden sollten muskulös sein, nicht zu dünn und auch nicht zu grotesk ausgebildet, wie bei einem Leistungssportler. Ausserdem muss die Haut straff, frisch und sanft gebräunt sein. Das Beinhaar trägt man getrimmt, doch weder ganz glatt rasiert noch voll winterwollig.

3. Die richtige Länge der Hose ist eine Frage von Zentimetern. Sie müssen schön kurz sein, aber nicht zu kurz: Schon der Verdacht, da trage einer Hot Pants, ist vernichtend. Zu lang (Typus «Bermudas») sieht aber nach amerikanischem Road-Camping-Urlaub und dem damit verbundenen Schlendrian aus. Die ideale Länge ist nicht zu knapp über dem Knie. Ausserdem sind die neuen Shorts «fitted».

4. Kurze Hosen machen die richtige Wahl von Schuhwerk und Strümpfen zur Meisterprüfung. Wer kurze Hosen trägt, muss bei der Fussbekleidung absolut trittsicher sein. Klettersandalen und Badelatschen qualifizieren sich nicht, es braucht das Gegenteil: Spannende Schuhe, die das potenziell Proletarische der Shorts auffangen. Schnürer und darauf abgestimmte Socken sind eine gute Wahl. Es können auch edlere Sneakers sein.

5. Auch oben herum verlangen kurze Hosen nach mehr Sorgfalt: Ein Hemd ist besser als ein T-Shirt, ein Jackett besser als ein Pullover. Vielleicht täte auch eine Krawatte gut!? Aber Vorsicht: Der olle Business-Blazer geht nicht zu Shorts, da müssen Sie neue Register ziehen.

Sie sehen: Es wird nicht einfacher mit den Shorts. Erst recht nicht, wenn Sie die Variante für kühle Tage bedenken, die junge Styler in Tokio und New York praktizieren: Weite Shorts über engen Leggings getragen. Sieht fesch aus. Und jetzt los, vor den Spiegel und kritisch hinschauen!

Weitere Stilkritiken von Experten und spannende Reise-Tipps erstöberst du auf bellevue.nzz.ch.
veröffentlicht: 17. Juni 2018 12:30
aktualisiert: 17. Juni 2018 12:30

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