Spitzguuge

3:3 dank Zeidlers Mut und Görtlers Goldfuss

10.07.2020, 08:58 Uhr
· Online seit 10.07.2020, 08:55 Uhr
Keine defensive Steigerung, dafür eine Willensleistung und ein mutiger Trainerentscheid bescheren dem FC St.Gallen in Lugano einen wichtigen Punkt (3:3). «Mit der frühen Auswechslung von Yannis Letard ging Peter Zeidler volles Risiko und wurde dafür belohnt», schreibt Sportjournalist Dominic Ledergerber.
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Für einmal war alles anders. Bis zur 23. Minute hatte der FC St.Gallen seit dem Re-Start schon sechs Tore erzielt und gewisse Partien damit frühzeitig in die richtigen Bahnen gelenkt. In der Festung Cornaredo, Lugano ist in Heimspielen seit November 2019 unbesiegt, misslang den Espen der Start für einmal gründlich. Nach einem haarsträubenden Fehlpass von Innenverteidiger Yannis Letard (21) gingen die Tessiner nach zehn Minuten nicht unverdient in Führung – was Trainer Peter Zeidler zu einem frühen Wechsel veranlasste.

In der 23. Minute nahm er Letard runter, beorderte Betim Fazliji in die Innenverteidigung und brachte mit André Riberio jenen Spieler, der nur Minuten später den Ausgleich einleiten sollte. Ein mutiger Entscheid, zumal der Franzose Letard in dieser Saison absolut gesetzt ist. Und wenngleich er seit seinen Knieproblemen zum Re-Start in ein kleines Formtief geraten ist, so hätte ihm wohl mancher Trainer mehr Zeit gewährt, um seinen Fauxpas auszubügeln.

Peter Zeidler tat genau dies nicht. Er ging volles Risiko und wurde dafür belohnt. Ab der 23. Minute war der FCSG über weite Strecken die spielbestimmende Mannschaft – und trotzdem sollte es gestern nicht für die drei Punkte reichen.

Eine Willensprobe

Zwar hatten die Spanier Jordi Quintillà (26., Penalty) und Víctor Ruiz (39.) das Spiel für die Espen noch vor der Pause auch resultatmässig gedreht. Weil Lugano nur Sekunden nach Wiederbeginn der zweiten Halbzeit aber der Ausgleich gelang und Ruiz’ zweites Tor wegen einer Abseitsposition von Demirović zu Recht aberkannt wurde, verkam St.Gallens Auftritt im Cornaredo zu einer Willensprobe.

Und genau in dieser Phase bewies die Mannschaft von Peter Zeidler, dass sie bereit war, den Kampf anzunehmen. Lediglich neun Minuten nach dem 2:2 gingen die Espen durch Demirovic wieder in Führung (54.) und erspielten sich in der Folge auch Chancen für weitere Tore.

Doch Lugano zeigte, weshalb es zu Hause schon YB und Basel bezwungen und seit nunmehr acht Partien nicht mehr verloren hatte. Die Tessiner drehten gegen Ende der Partie noch einmal auf und trafen in der 83. Minute zum 3:3-Endstand. Eine unter dem Strich verdiente Punkteteilung, zumal auch die Tessiner eine Willensleistung an den Tag legten.

Fazliji wertvoll, Görtler Weltklasse

Aus St.Galler Sicht herausragend war jedoch nicht nur Zeidlers Taktik-Coup in der ersten Halbzeit. Betim Fazliji (21), der auch in seinem 19. Saison-Einsatz unbesiegt blieb (17 Siege), bewies einmal mehr, wie wertvoll er für die Espen ist. Der Rebsteiner spielte aufgrund der Sperre von Jérémy Guillemenot erstmals auf der Position hinter den Spitzen – damit hat ihn Trainer Zeidler nur im Tor und im Sturm noch nicht eingesetzt. Und damit nicht genug: Nach Letards Auswechslung legte Fazliji auch als Innenverteidiger wieder eine ordentliche Leistung an den Tag und verlieh St.Gallens Defensive mehr Stabilität.

Geradezu Weltklasse war gestern Abend der Auftritt von «Team-Vater» Lukas Görtler (26). Der Deutsche war an allen drei St.Gallern Toren beteiligt; nachdem er den Penalty herausholte, den Quintillà zum zwischenzeitlichen 1:1 versenkte, bewies er beim zweiten und dritten St.Galler Tor, dass er nicht nur kämpferisch top ist, sondern auch über einen veritablen Goldfuss verfügt.

Schützenhilfe aus Basel?

Umso bitterer, dass Lukas Görtler nach seiner gestrigen Verwarnung am Sonntag bei Servette zuschauen muss – genauso wie Captain Silvan Hefti, der in Genf ebenfalls gesperrt sein wird. Trotzdem ist St.Gallens erstes Unentschieden seit dem verrückten 3:3 gegen YB nicht als Rückschlag zu werten. Die Espen bewiesen gestern viel Moral und Kampfgeist – und sie liegen immer noch punktgleich mit YB an der Tabellenspitze.

Darüber hinaus dürfen die Ostschweizer am Wochenende auf Schützenhilfe aus Basel hoffen. Die Mannschaft von Marcel Koller empfängt am Samstagabend Leader YB und wird sich an den letzten Strohhalm klammern, um doch noch einmal ins Meisterrennen einzugreifen. Die Espen sind allerdings gut beraten, sich auf ihre Aufgabe beim Aufsteiger zu konzentrieren: Servette kehrte am Mittwoch gegen Luzern (2:0) auf die Siegerstrasse zurück – nach sechs Partien ohne Vollerfolg.

Auch in Genf (am Sonntag ab 16 Uhr im Liveticker auf FM1Today) braucht der FC St.Gallen wieder eine Willensleistung. Und nach Görtlers Exploit in Lugano werden diesmal andere Spieler in die Bresche springen müssen.

veröffentlicht: 10. Juli 2020 08:55
aktualisiert: 10. Juli 2020 08:58
Quelle: FM1Today

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