Spitzguuge

Der traurige Penalty-Rekord des FCSG

17.02.2021, 14:31 Uhr
· Online seit 17.02.2021, 14:30 Uhr
Der FC St.Gallen hat in den letzten fünf Spielen in Serie einen Penalty kassiert. Hat sich die Liga gegen die Espen verschworen? Sportjournalist Dominic Ledergerber schreibt: «Verschwörungen gehören nicht auf den Fussballplatz, sondern ins Reich der Märchen.»
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Ohne es zu ahnen, stellte der FC St.Gallen am Samstagabend einen Super-League-Rekord auf: Nach Nuhus Handspiel in der vierten Minute im Auswärtsspiel in Sion (1:1) wurde in der fünften Partie hintereinander ein Penalty gegen die Ostschweizer gepfiffen. Der Verdacht erhärtet sich am Dienstagnachmittag, als die Swiss Football League (SFL) bestätigt, dass dies noch keinem Team aus der obersten Liga widerfahren ist.

Bisher waren es die Grasshoppers (Saison 2016/17, Runden 10 bis 13) und der FC Sion (Saison 2015/16, Runden 31 bis 34), die diesen traurigen Rekord mit je vier hintereinander gepfiffenen Penaltys gegen sich teilten. Aus Ostschweizer Optik drängt sich die Frage auf: Hat sich die Liga gegen den FC St.Gallen verschworen? Hat sie gar einen Lieblingsclub? Bei dieser Frage bricht SFL-Medienchef Philippe Guggisberg in schallendes Gelächter aus und fügt dann an: «Die Vorstellung ist absurd. Es gibt nichts Neutraleres als eine Liga. Es gibt in jedem Jahr einen Meister, über den man sich freuen kann. Aus Sicht der Liga am liebsten jedes Jahr einen anderen.»

Verschwörungen gab es schon immer

Tatsächlich sind Verschwörungen im Fussball uralt, vielleicht sogar noch älter als der FC St.Gallen, seines Zeichens ja Methusalem unter den Clubs auf dem europäischen Festland. Als der FC Basel zwischen 2010 und 2017 acht Mal in Folge Meister wurde, war der Terminus «Basel-Bonus» in allen Schweizer Fussballstadien (ausser im St.Jakob-Park) allgegenwärtig. Genauso wie man heute, nach drei konsekutiven Titeln der Berner Young Boys, vom «YB-Bonus» fabuliert.

Die Verschwörungen im Schweizer Fussball sind aber auch geografischer Natur: Schon fast Tradition hat die Befürchtung der Clubs ennet dem Röstigraben, von der Deutschschweiz nicht ernstgenommen zu werden. Exemplarisch dafür steht der Manipulations-Verdacht von Sion-Präsident Christian Constantin im März 2016 nach einer Last-Minute-Niederlage bei YB und einer Fehlentscheidung von Schiedsrichter Sascha Amhof.

CC war in der Folge derart aufgebracht, dass er gegen den Unparteiischen ein juristisches Verfahren anstrebte und eine Belohnung von 25'000 Franken für Hinweise einer Spielmanipulation in Aussicht stellte.

Ein Faktencheck lohnt sich

Diese Hinweise wurden zwar nicht gefunden, in die Tasche greifen musste Constantin aber dennoch: Die Disziplinarkommission der Swiss Football League brummte ihm eine Busse von 5000 Franken auf – was zeigt, dass es gefährlich ist, lose Verschwörungen in den Raum zu stellen, und es sich stattdessen immer lohnt, die Fakten zu checken.

Dabei kommt Erstaunliches zutage: Der FC St.Gallen mag in den vergangenen fünf Partien zwar jeweils einen Penalty kassiert haben, auf die komplette Spielzeit gesehen ist dies aber nicht aussergewöhnlich. So wurden ebenso viele Strafstösse auch gegen Basel und Lugano verhängt, während die Unparteiischen die meisten Penaltys gegen den FC Luzern, den Gegner von heute Mittwoch, verhängten (Anpfiff im Kybunpark ist um 18.15 Uhr – FM1Today berichtet live).

Und: In der vergangenen Spielzeit, die der FCSG als Vizemeister beschloss, waren die Ostschweizer gar die Mannschaft mit den meisten Penaltys – ein Fakt, der anhand der kuriosen Elfmeter-Wiederholung im legendären Spitzenspiel gegen YB (3:3) gerne vergessen geht.

Die Realität akzeptieren

Verschwörungen gehören also nicht auf den Fussballplatz, sondern ins Reich der Märchen. Sie müssen dann herhalten, wenn die Realität zu schwer zu ertragen ist. Das gilt in Bezug auf Fussball genauso wie auf alles andere.

In Bezug auf das Spiel in Sion vom letzten Samstag gelten folgende Realitäten:

  • Vor dem Handspiel von Musah Nuhu vertändelte Abwehr-Fehlbesetzung Boubacar Traoré einmal mehr den Ball.
  • Die Unparteiischen sind nicht Schuld daran, dass Jordi Quintillà nach seinem Fehlschuss in Vaduz schon zum zweiten Mal vom Punkt scheiterte.

Die Mannschaft von Peter Zeidler ist damit ligaweit die einzige, die noch keinen Strafstoss im Tor unterbrachte – ganz anders als der heutige Gegner Luzern, der drei Mal antreten durfte und bisher immer traf.

Die Espen dürften also ein grosses Interesse daran haben, ihren Super-League-Rekord nicht weiter auszubauen, keine Energie mit Verschwörungen zu verschwenden und stattdessen alles der Rückkehr auf die Siegerstrasse unterzuordnen.

veröffentlicht: 17. Februar 2021 14:30
aktualisiert: 17. Februar 2021 14:31
Quelle: FM1Today

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