Spitzguuge

Lieber FC St.Gallen, da musst du jetzt einfach durch

· Online seit 28.10.2021, 16:30 Uhr
Bis zum Jahresende verbleiben in der Super League nur noch acht Spieltage. Aus St.Galler Optik muss man sagen: Zum Glück! Vor dem Heimspiel gegen YB analysiert Sportjournalist Dominic Ledergerber die dringlichsten Baustellen der Espen.
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Gar nicht auszudenken, wie dramatisch die Lage wäre, wenn St.Gallen in Norwegen oder Schweden läge, wo die Meisterschaft von April bis Dezember ausgetragen wird. Ein Blick auf die Jahrestabelle verrät: 2021 hat kein Super-League-Club auch nur annähernd so schwach abgeschnitten wie die Mannschaft von Peter Zeidler.

Mit 26 Punkten aus 29 Meisterschaftsspielen in diesem Kalenderjahr haben die Espen gerade mal drei Zähler mehr geholt als Absteiger Vaduz alleine in der Rückrunde (!) der vergangenen Saison. Oder nur etwas mehr als ein Drittel der Punkte vom Jahresbesten YB, der am Samstag im Kybunpark gastiert.

Super League – Jahrestabelle 2021

Rang Team Spiele Punkte
1. BSC Young Boys 28 64
2. FC Basel 29 48
3. Servette FC 29 40
4. FC Lugano 28 39
5. FC Zürich 29 39
6. FC Lausanne-Sport 29 33
7. FC Sion 29 31
8. FC St.Gallen 29 26
9. FC Vaduz* 18 23
10. Grasshopper Club Zürich** 11 14

*stieg im Mai 2021 aus der Super League ab

**spielt erst seit Juli 2021 wieder in der Super League

Mit Blick auf diese Tabelle muss man aus Ostschweizer Optik sagen: Zum Glück ist dieses vermaledeite Jahr 2021 mit 15 Ligapleiten und einem verlorenen Cupfinal bald vorbei. Mit dem YB-Spiel sind es noch acht Partien bis zur Winterpause – auf Sportchef Alain Sutter wartet aber auch dann eine intensive Zeit, wenn der Spielbetrieb ruht.

Doch was sind die Gründe für die Misere des FC St.Gallen? Und wie können sich die Espen ihrer entledigen?

Standards eine Frage der Konzentration

Mit hohen Bällen des Gegners hatten die Espen schon in der vergangenen Saison viel Mühe, das Problem hat sich im Herbst 2021 aber noch stärker akzentuiert – so fielen alleine die letzten vier Pflichtspiel-Gegentore allesamt nach Eckbällen des Gegners.

Möglich, dass sich Sportchef Sutter längst auf die Suche nach einem kopfballstarken Abwehrpatron gemacht hat, wie ihn der FC St.Gallen in vergangenen Jahren in Philippe Montandon (189cm), Stéphane Besle (188cm) oder Martin Stocklasa (192cm) hatte.

Doch Standards sind nicht nur ein Frage der Körpergrösse, sondern auch der Konzentration und der Bereitschaft. Vielleicht könnte hier ein Mentaltraining weiterhelfen, wie es bereits vor rund zehn Jahren dem Stürmer Moreno Merenda half, seine persönliche Torflaute zu beenden.

Abgesehen davon verfügt der FCSG mit Musah Nuhu (195cm) bereits über Spielertypen mit Potenzial zum defensiven Fels in der Brandung. Er könnte künftig zusammen mit dem 19-jährigen Leonidas Stergiou das Abwehrzentrum bilden, zumal dessen Schnelligkeit Nuhus Robustheit und Kopfballstärke gut ergänzen würde.

Ein taktischer Plan B

Doch was wäre dann mit Betim Fazliji? Der 22-Jährige aus Rebstein ist mittlerweile kosovarischer Nationalspieler und zu gut, um beim derzeitigen Super-League-Vorletzten auf der Bank zu versauern. Die Fazliji-Frage führt direkt zur nächsten Baustelle, die der FC St.Gallen schnellstmöglich schliessen muss, um dem Abstiegskampf zu entrinnen.

Zeidlers Hauruck-Fussball mit hohem Pressing mag die Fussballschweiz entzückt und 2020 gar im Vizemeistertitel gemündet haben, mittlerweile hat die Konkurrenz diese Spielweise aber längst durchschaut.

Der FC St.Gallen braucht einen taktischen Plan B. Dieser könnte so aussehen, dass die Espen mit zwei Spielern vor der Abwehr – einer sogenannten Doppel-Sechs – mehr Stabilität im Mittelfeld erlangen würden und so auch weniger anfällig auf gegnerische Konter wären. Fazliji könnte im defensiven Mittelfeld neben dem 21-jährigen Ousmane Diakité auflaufen.

Vorne wäre eine Achse mit Lukas Görtler (rechts), Víctor Ruiz (zentral) und Alessio Besio (links) denkbar, während im Sturm derzeit der 24-jährige Kwadwo Duah gesetzt wäre. Die Offensivleute müssen vor allem aber auch das Vertrauen des Trainers spüren – gerade Stürmer Duah hat dieses Vertrauen jüngst in Form von Toren zurückbezahlt.

Weiter, immer weiter

Mehr Stabilität im Mittelfeld, mehr Konzentration bei hohen Bällen des Gegners – natürlich ist dies leichter gesagt als getan, zumal nach einem Jahr, nach dem wohl kein Espe vor Selbstvertrauen strotzt. Und doch ist der erste Schritt zur Lösung eines Problems bekanntlich das Erkennen desselben.

In dem Sinne: Weiter, immer weiter, lieber FC St.Gallen – da musst du jetzt einfach durch.

veröffentlicht: 28. Oktober 2021 16:30
aktualisiert: 28. Oktober 2021 16:30
Quelle: FM1Today

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