«Sagt man dem Schiri die Meinung, hört das halbe Stadion mit»
Quelle: TVO
Wo sich sonst Tausende von FCSG-Fans tummeln, bevor sie gemeinsam ins Stadion gehen, ist es leer. Sonst bin ich mit Freunden hier, jetzt stehe ich alleine da. Vor dem Match ist die Stimmung gut, friedlich und gelöst. Auch nach der Partie hat das Publikum – trotz Niederlage –die Mannschaft mit einer Standing Ovation verabschiedet. Das gibt es nur hier in St.Gallen.
Genügend Platz
Für einmal muss ich nicht anstehen, bin innerhalb von fünf Minuten im Stadion und sitze auf meinem Platz. Sektor C – Gegentribüne. Ich lasse meinen Blick durch das Stadion schweifen: Kein Fahnenmeer, keine Choreo. Links, rechts, vor und hinter mir sind je drei Stühle frei. Wege Corona dürfen nur 750 Fans ins Stadion. Und ich hatte das Glück, gleich bei der ersten Verlosung ein Ticket abzustauben.
Von Anfang an gute Stimmung
Das Positive, wenn nur so wenig Leute ins Stadion dürfen: Ich kann meine Beine strecken. Und ich bin nicht so alleine wie anfangs gedacht. Ich sitze zwar neben lauter Fremden, wir kommen aber schnell ins Gespräch und witzeln miteinander. Die Stimmung im Stadion ist von Anfang an extrem gut.
Quelle: FM1Today/Adi Osterwalder
Spieler brauchen uns
Die Auserwählten müssen irgendwo eine Verantwortung gespürt haben, die Mannschaft noch besser zu unterstützen als an einem normalen Match. Schon beim Einwärmen ging eine Euphorie-Welle durch den Sektor C. Jeder und jede hat gewusst: Die Spieler brauchen uns und haben deshalb umso lauter geschrien. Auch ich habe viel lauter als sonst «Hopp Sanggallä» gerufen.
Als Besucher ist man ausgestellt
Ein positiver Effekt des beinahe leeren Stadions war für mich, dass ich den Spielern und Trainern zuhören konnte. Die Kommunikation unter den Spielern oder wie der Trainer auf das Spiel Einfluss nehmen konnte, waren spannend. Ich habe viele Anweisungen verstanden und die taktischen Vorgaben rausgehört. Als Besucher hingegen ist man wie ausgestellt: Ist man verärgert oder sagt man dem Schiri die Meinung, hört es das halbe Stadion. Trotzdem oder gerade deshalb hat das Publikum die Mannschaft super unterstützt.
Wahnsinniges Pech
Der FCSG hat über die ersten 30 Minuten ein sensationelles Spiel gezeigt. Ihre Führung war nur eine Frage der Zeit und dann schiesst der FC Zürich das 1:0. Gestern kam wohl alles zusammen, das nicht zueinander passte – es war wahnsinniges Pech, dass die Espen schlussendlich 4:0 verloren haben.
Ich bin St.Gallen-Fan seit ich über das «Müürli» im Espenmoos sehen kann. Es tut mir weh, zu sehen, wie schwierig die jetzige Situation rund um das Corona-Virus für Mannschaft, Umfeld, Fans, Staff und den Verein als Ganzes sein muss. Das Heimspiel wäre wahrscheinlich ausverkauft gewesen – 19'000 Plätze wären mit Fussballbegeisterten gefüllt gewesen. Ob die Espen mit einem vollen Haus den Sieg geholt hätten, weiss ich nicht. Aber wir Fans haben uns Mühe gegeben, die Spieler anzufeuern.
Am Sonntag verfolge ich das Heimspiel gegen den FC Thun vor dem Fernseher. Ich wünsche mir, dass sich der FCSG vom gestrigen Resultat nicht zu sehr runterziehen lässt und voller Elan und mit viel Motivation rangehen. Das notwendige Glück des Tüchtigen kommt wieder und dann holen wir die drei Punkte. «Hopp Sanggallä».
Aufgezeichnet von Krisztina Scherrer