Wechsel bei Startelf

Wohin rotiert Zeidler den FC St.Gallen?

08.01.2020, 16:31 Uhr
· Online seit 26.04.2019, 05:45 Uhr
30 Super-League-Spiele hat der FC St.Gallen bislang unter Peter Zeidler absolviert, noch nie schickte der deutsche Trainer zweimal in Folge dieselbe Elf aufs Feld. Sechs Runden vor Schluss liegen die Espen zwischen Europa League und Abstieg. «Der FC St.Gallen tanzt auf der Rasierklinge», schreibt Sportjournalist und TVO-Moderator Dominic Ledergerber.
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Spannender könnte die Ausgangslage in der Super League kaum sein: Sechs Runden sind noch zu absolvieren, abgesehen vom abgeschlagenen Letzten GC und dem Spitzenduo YB und Basel können alle Teams noch in den Abstiegsstrudel geraten.

So auch der FC St.Gallen, der von den letzten sieben Partien lediglich jene bei Xamax gewann (1:0). Dennoch liegen die Espen nur vier Zähler hinter dem Dritten Thun. Allerdings ist der Vorsprung auf den Vorletzten Xamax auf dasselbe Polster geschmolzen, die Barrage damit immer noch eine drohende Gefahr. «Wir sind uns bewusst, dass es in den letzten sechs Runden auf beide Seiten kippen kann», analysiert Sportchef Alain Sutter (51) nüchtern. Zu nahe sei die Leistungsdichte im Tabellen-Mittelfeld, zu wenig konstant die eigenen Leistungen.

Angriffsreihe krankt an Wechselfieber

Konstanz ist aber auch in Sachen Aufstellung Fehlanzeige. Seit 30 Super-League-Spielen steht beim FC St.Gallen Peter Zeidler an der Seitenlinie, noch nie schenkte der 56-jährige Deutsche zweimal hintereinander derselben Startelf das Vertrauen. Insgesamt gab es zwischen den 30 Partien 89 Änderungen, wovon dem Trainer nur 28 aufgrund von Sperren oder Verletzungen aufgezwungen wurden (siehe Grafik).

Besonders die Angriffsreihe krankt seit dem Ausfall von Cedric Itten an permanentem Wechselfieber. Seit dem Kreuzbandriss des Basler Stürmers Ende September versuchte es Zeidler im Dreiersturm wahlweise mit elf (!) verschiedenen Spielern (Bakayoko, Barnetta, Ben Khalifa, Buess, Campos, Guillemenot, Kräuchi, Kutesa, Manneh, Rapp und Tafer). Nur in zwei von 38 Fällen entschied sich der Trainer nicht aus freien Stücken für einen Wechsel, nach Itten musste er am Karsamstag gegen Luzern auch Yannis Tafer aufgrund einer Verletzung ersetzen.

«Wir haben es leider nie geschafft, Itten nachhaltig zu ersetzen», resümiert Zeidler. Das Comeback von Cedric Itten rückt allerdings näher, seit nunmehr drei Wochen ist er wieder im Mannschaftstraining. Mit seinem Comeback dürften die ewigen Rotationen im Sturm ein vorläufiges Ende haben, mit Barnettas Rücktritt zum Saisonende wird Ittens Stellenwert noch weiter steigen.

 

 

Das Mittelfeld vor dem Zerfall

Schon jetzt wesentlich mehr Konstanz in der Aufstellung hat das St.Galler Mittelfeld, wo sich mit Jordi Quintilla, Majeed Ashimeru und Vincent Sierro eine klare «erste Wahl» herauskristallisiert hat. Der Haken dabei: Ashimeru (Salzburg) und Sierro (Freiburg) sind nur ausgeliehen und werden den Club aller Voraussicht nach beide im Sommer verlassen.

Als Achillesferse in der Kaderplanung will Peter Zeidler das Mittelfeld gleichwohl nicht bezeichnen: «In diesem Business ist es längst normal geworden, dass einem die gleichen Spieler nicht mehr über fünf Jahre zur Verfügung stehen.» Entscheidend sei, dass für diese Positionen «die richtigen Spieler» gefunden werden könnten – etwa im eigenen Nachwuchs, wo der Churer Angelo Campos (19) vor der Unterschrift seines ersten Profivertrags stehen soll.

Ausschlaggebend für die Wechselflut in den Startaufstellungen ist für Sportchef Sutter die Tatsache, dass «viele Spieler auf ähnlichem Niveau» seien. «Wenn wir mit den vielen Wechseln Dritter werden, war der Konkurrenzkampf belebend. Wenn wir in die Barrage müssen, haben die Automatismen gefehlt. Alles steht und fällt mit den Resultaten», so Sutter.

Kein Übergangsjahr

Wohlwollend könnte man nun zur Schlussfolgerung gelangen, dass sich die Espen nach zahllosen Wechseln in der Führungsriege, auf der Trainerposition und im Mannschaftsgefüge in einem Übergangsjahr befinden, das einzig dazu da ist, sich zu finden und die Weichen für die Zukunft zu stellen. Davon will Sutter aber nichts wissen. Er sagt: «Wenn dem so wäre, dann befänden sich sieben der zehn Super-League-Teams in einem Übergangsjahr. Man darf die Realität nicht verkennen, in dieser Liga kann jeder jeden schlagen», so der Sportchef.

Der Anspruch der Espen ist, «das beste Team des Mittelfelds» (Zeidler) zu sein. Dafür müssen Punkte her, am besten schon am Sonntag gegen den FC Basel. Je nach Ausgang des Cup-Wettbewerbs und je nach Urteil im noch hängigen Entscheid, ob Sion europäisch mittun darf oder nicht, könnte gar der Tabellensechste noch in der Qualifikation für die Europa League antreten. Eine vielversprechende Ausgangslage – wäre da nur nicht das Abstiegsgespenst, dessen sich der FCSG nie wirklich entledigen konnte.

Sutter: «Ich glaube nicht an Glück»

Es ist ein Tanz auf der Rasierklinge, dessen Ausgang gemäss Alain Sutter nicht vom Zufall abhängig sei. «Ich glaube nicht an Glück, nur an Qualität, auch im mentalen Bereich», so der Sportchef.

Es wäre Barnetta, der nach 17 Jahre Profifussball genug gesehen hat, aber auch der emsigen Clubführung zu wünschen, dass die Mannschaft im Meisterschafts-Endspurt über sich hinauswächst. Egal wie sehr die Liga von der spannenden Ausgangslage profitiert – der eingefleischte FCSG-Fan könnte mit etwas weniger Spannung sicherlich auch ganz gut leben.

 

 

Das Restprogramm des FC St.Gallen in der Saison 2018/2019:

28. April: FC St.Gallen - FC Basel
4. Mai: Grasshoppers - FC St.Gallen
12. Mai: FC St.Gallen - FC Sion
16. Mai: Lugano - FC St.Gallen
22. Mai: FC St.Gallen - Young Boys

25. Mai: FC Zürich - FC St.Gallen

veröffentlicht: 26. April 2019 05:45
aktualisiert: 8. Januar 2020 16:31
Quelle: FM1Today

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