Eishockey

Für Geld und gegen die Gesundheit: Der Entscheid der Liga ist irrsinnig

30.12.2021, 15:31 Uhr
· Online seit 30.12.2021, 15:11 Uhr
Nach einer Videokonferenz teilen die National League und die Swiss League am Donnerstag mit, dass weitergespielt wird. Zeitgleich befinden sich zehn Teams in Quarantäne, die Regionalligen pausieren und die U-20 WM wird abgebrochen. Ein Entscheid für das Geld und gegen die Gesundheit.
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«Wir sind Sportler, lieben den Kampf gegen andere Nationen. Es sollen jedoch faire Bedingungen herrschen, und diese waren nicht mehr gewährleistet», sagt Marco Bayer, Cheftrainer der Schweizer U-20 Nationalmannschaft, nachdem die WM am Mittwoch abgebrochen wurde. Nur einen Tag später entscheidet sich die National League gegen diese sportlichen Werte. Auch hierzulande sind weder faire Bedingungen, noch die Gesundheit der Spieler und Funktionäre gewährleistet. Trotzdem will die Liga um jeden Preis weiterspielen und verschliesst dabei die Augen vor der Realität.

Hauptsache, die Stadien sind voll

Die NHL pausiert, die U-20 WM wird abgebrochen und auch der Spengler Cup ist der angespannten pandemischen Lage zum Opfer gefallen. Wieso also spielt die National League weiter? Die Antwort wird nicht laut ausgesprochen, aber hinter vorgehaltener Hand wird sie immer wieder gemunkelt: Die vollen Stadien und das Geld der Fans. Hätte der Bundesrat die Fans aus den Hallen verbannt, dann hätten die Liga-Generäle den Spielbetrieb bereits pausiert. Solange der zahlungswillige Fan aber noch ins Stadion darf, wollen die Liga-Bosse das nutzen. Egal, was es langfristig kostet.

Die Gesundheit der Spieler ist egal

Es ist bezeichnend, dass in den Begründungen der beiden höchsten Ligen die Gesundheit der Spieler mit keinem Wort erwähnt wird. Dabei sind sie es, deren Gesundheit gleich doppelt riskiert wird. Aktuell werden sie und ihre Familie täglich dem Virus ausgesetzt und später sollen sie dann vier bis fünf Spiele pro Woche machen, wo das Risiko einer Verletzung dramatisch ansteigt. Es gibt genügend Beispiele, wo Sportler aus der Quarantäne kommen und direkt wieder Bestleistungen bringen müssen. Die Meinung der Medizin zählt dabei wenig. The show must go on.

So begründen die Ligen den Entscheid

Von all dem ist nichts zu lesen in den Erklärungen der beiden Ligen. Womit begründen sie also den Entscheid? Zum einen gebe der Spielplan keinen Platz für Nachholspiele her, ausserdem sei der wirtschaftliche Schaden zu gross und bei einem Unterbruch wären die Bedingungen für einen fairen Wettkampf nicht gegeben. Auch wenn all diese Punkte durchaus stimmen mögen, wird mit dem aktuellen Entscheid nichts dagegen unternommen.

1. Der volle Spielplan und das Problem der Olympischen Spiele

«Die NHL konnte den Spielbetrieb nur unterbrechen, weil sie auf das olympische Turnier verzichtet», tönt es immer wieder durch die Schweizer Eishallen. Tatsache. Auch stimmt es, dass die Schweiz zu wenig mächtig ist, um einen ähnlichen Entscheid zu fällen. Doch jetzt wird einfach munter weitergespielt und trainiert. Teams bei denen mehrere Spieler pro Tag positiv testen, machen einfach weiter. So wird die Situation in die Länge gezogen und einmal mehr die Gesundheit der Spieler riskiert. Die Konsequenz davon ist, dass das Problem unnötig in die Länge gezogen wird und immer mehr Spiele einen Nachholtermin brauchen.

2. Plötzlich zählt der wirtschaftliche Schaden

Die National League ist über die Jahre gewachsen. Die Geldbeträge werden grösser und die Angestellten zahlreicher. Ein wirtschaftlicher Schaden ist unumgänglich, doch der Rettungsschirm des Bundes wird die Klubs unterstützen. Die National League ist «too big to fail» und das weiss sie auch. Ausserdem ist der Ausfall einiger Saisonspiele für die Liga sehr viel besser verkraftbar, als ein Ausfall der Playoffs.

3. Ein «fairer» Wettkampf

Die Liga hat bereits entschieden, dass die Tabelle nach Punktquotient geregelt werden soll. Bedeutet: Sie geht bereits von Ausfällen aus. Wer kann also entscheiden, ob es fairer ist, Spiele nicht zu spielen oder bei Spielen mit einem Bruchkader anzutreten? Wir sind an einem Punkt angelangt, wo Teams hoffen, zu wenig Spieler im Kader zu haben, damit sie nicht antreten müssen. Trotzdem haben die National League und die Swiss League den Mut, eine Entscheidung mit der Fairness zu begründen.

Das Schweizer Eishockey steht vor schwierigen Wochen, doch der ängstliche Entscheid vom Donnerstag schüttet nur Benzin ins Feuer. Anstatt Lösungen zu finden, wollte man niemanden verärgern und ignoriert das Problem einfach weiter.

veröffentlicht: 30. Dezember 2021 15:11
aktualisiert: 30. Dezember 2021 15:31
Quelle: FM1Today

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