Spitzguuge zur Schweizer WM-Quali

Diese Nati setzt neue Massstäbe

· Online seit 16.11.2021, 10:49 Uhr
Katar, wir kommen! Die Schweiz lässt sensationell Italien hinter sich und ist damit direkt für die Winter-WM 2022 qualifiziert. Sportjournalist Dominic Ledergerber schreibt: «Würde man die Auftritte der Nati mit einer Schwangerschaft vergleichen, stünde die Geburt kurz bevor.»
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Was für ein Gala-Abend in der Luzerner Swissporarena. Die Schweiz erzielt gegen Bulgarien sechs Tore, von denen vier zählen und verdrängt damit Italien auf den letzten Drücker noch von Platz eins. Sie fährt damit zum fünften Mal in Folge an eine WM-Endrunde, mehr noch: Seit 2006 waren unsere Fussballer an acht von neun grossen Turnieren dabei, nur in der Qualifikation für die EM 2012 in Polen und der Ukraine war die Schweiz gescheitert.

Würde man die Auftritte der Nati in den letzten Jahren mit einer Schwangerschaft vergleichen, stünde die Geburt kurz bevor – schliesslich sind die Wehen in Form von Highlights zuletzt immer regelmässiger geworden: 2018 stürmte man nach einem fulminanten 5:2 über den Weltranglisten-Ersten Belgien ans Final-Turnier der Nations League. In diesem Sommer erledigte man den amtierenden Weltmeister Frankreich und erreichte erstmals seit 1954 an einer WM oder EM die Runde der letzten Acht.

Und nun also lässt die Schweiz in der Qualifikation für Katar Europameister Italien hinter sich. Dabei ragt besonders der Team-Effort heraus: Wurde FCSG-Sportchef Alain Sutter 1994 noch dafür bewundert, dass er gegen Rumänien trotz eines gebrochenen Zehs zum Matchwinner avancierte, klappte es nun gegen Bulgarien trotz der Absenz von sieben (!) Stammspielern.

Überragender Shaqiri

Die Auftritte von Noah Okafor, Ruben Vargas oder Cedric Itten verlangen uns grosse Bewunderung ab und doch stehen sie im Schatten des Jubilars Xherdan Shaqiri, der gegen die Bulgaren alle überragte: Assist zum 1:0, Pfostenschuss, Vorlage zu den Offside-Toren von Gavranovic und Itten, Second Assist zu Ittens 3:0 und Vorlage zum 4:0 durch Freuler.

Einmal mehr hat «Shaq», noch dazu als Captain, in einem entscheidenden Spiel geliefert. Als erst fünfter Schweizer nach Heinz Hermann (118), Alain Geiger (112), Stephan Lichtsteiner (108) und Stéphane Chapuisat (103) erreichte er die Marke von 100 Länderspielen. Gut einen Monat nach seinem 30. Geburtstag resümierte Shaqiri gestern nach dem Spiel: «So schöne Tage gibt es nur selten.»

Lob gebührt aber auch Vladimir Petkovic, der den Grundstein für diese sensationelle WM-Qualifikation gelegt hat. Und Murat Yakin, der keine Angst vor dem grossen Erbe seines Vorgängers erkennen und die Nati für das Schweizer Volk im Rekordtempo wieder greifbar werden liess.

Trainerwechsel als Glücksfall

Gross war die Sorge, als Vladimir Petkovic nach dem Exploit an der EM in diesem Sommer den Wunsch äusserte, weiterzuziehen. Und sie wurde noch grösser, als die medial hochstilisierten Kronfavoriten allesamt absagten und man Murat Yakin schliesslich voreilig als Notlösung verschrie.

Nun hat sich dieser Trainerwechsel als Glücksfall entpuppt: Nicht nur kann sich die Bevölkerung nun wieder besser mit der Nati identifizieren, auch viele Spieler wittern unter dem neuen Chef Morgenluft, kommen erstmals zu Einsätzen oder werden wie etwa Fabian Frei wiederentdeckt und verdanken das Vertrauen mit tollen Leistungen.

Wenn uns die Schlussphase dieser verrückten WM-Qualifikation eines gelehrt hat, dann die Tatsache, dass bei der Schweiz unter Murat Yakin auch der zweite Anzug sitzt. Und das wiederum führt dazu, dass die Euphorie rund um das Nationalteam bereits heute, 370 Tage vor dem WM-Eröffnungsspiel in Katar, riesig ist.

Vielleicht war der gestrige Coup tatsächlich die Geburtsstunde einer ganz grossen Ära. So oder so hat die Nati mit der direkten WM-Quali einmal mehr neue Massstäbe gesetzt.

veröffentlicht: 16. November 2021 10:49
aktualisiert: 16. November 2021 10:49
Quelle: FM1Today

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