Spitzguuge

«Lasst Hefti in Ruhe!»

02.09.2020, 06:04 Uhr
· Online seit 01.09.2020, 16:23 Uhr
Der Frust der FCSG-Fans über den Wechsel seines Captains zu YB ist verständlich. Aber: «Das Bashing von Silvan Hefti auf Social Media geht auf keine Kuhhaut», schreibt Sportjournalist Dominic Ledergerber.
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Nun ist also eingetroffen, was man aus St.Galler Sicht befürchten musste: Silvan Hefti (22) verlässt den FC St.Gallen in Richtung Hauptstadt, der Captain unterschreibt bei den Young Boys bis 2024. Es ist der dritte gewichtige Abgang der Espen nach Cedric Itten (Glasgow Rangers) und Ermedin Demirovic (SC Freiburg), jedoch der erste, bei dem der FCSG einen Super-League-Konkurrenten vermeintlich stärkt.

Entsprechend gross ist der Frust bei einigen Anhängern des Vizemeisters, die ihren gesamten Frust nur Sekunden nach Heftis Bekanntgabe des Wechsels auf der Social-Media-Plattform Instagram über dem Goldacher ergiessen. Der Tenor: Hefti sei ein Verräter, eine Ratte, er laufe nur dem Geld nach, habe den FC St.Gallen nie geliebt.

Mit Verlaub: Dieses Bashing geht auf keine Kuhhaut! Wenn ein Spieler in den letzten Jahren die Espen verkörpert und für den Club auch in schwierigen Zeiten identifikationsstiftend war, dann wohl Hefti.

Hefti stand immer da

Zu gut sind die Zeiten noch in Erinnerung, als der FC St.Gallen unter Joe Zinnbauer dem Abstieg in die Challenge League entgegenschlingerte und sich kaum ein Spieler nach dem Schlusspfiff für ein Statement zur Verfügung stellen wollte. Hefti aber stand immer da. Er hat in Krisenzeiten erst gelernt, Interviews zu geben und den Frust der Fans über eine Niederlage zu lindern, indem ihm der Ärger über ebendiese stets ins Gesicht geschrieben stand.

Und natürlich hat Hefti selber auch viel profitiert von seiner Zeit im grün-weissen Dress. Nach seinem Super-League-Debüt als 17-Jähriger unter Zinnbauer wurde er unter Giorgio Contini zum Innenverteidiger umfunktioniert, eine Position, die ihm zwar nicht wirklich zusagte, die er aber ohne Aufmucken bekleidete.

Es war jene Zeit, in der vermeintliche Experten voreilig schlussfolgerten, Heftis Karriere würde stagnieren und den grossen Vorschuss-Lorbeeren nicht gerecht werden.

Er ging nicht beim erstbesten Angebot

Was haben sich diese Experten getäuscht! Unter Peter Zeidler blühte Silvan Hefti erst richtig auf, er stand in der letzten Saison in 34 von 36 Spielen in der Startelf, riss diese junge, unerschrockene Mannschaft immer wieder von Neuem mit und überzeugte auch mit bis dahin nicht gekannten technischen Fertigkeiten.

Dass er dafür mit zahlreichen Angeboten belohnt werden würde, versteht sich von selbst. Und: Unbestätigten Gerüchten zufolge soll der FC St.Gallen sein Eigengewächs unter Präsident Stefan Hernandez einst Vereinen aus ganz Europa feilgeboten haben, um die Clubkasse aufzubessern.

Doch Silvan Hefti ging nicht beim erstbesten Angebot. Vielmehr verlässt er einen nun erfolgreichen FC St.Gallen, nachdem er persönlich schwierige Zeiten überstanden und sich eindrücklich nahe an ein Aufgebot für die Schweizer Nationalmannschaft herangekämpft hatte.

Deshalb, liebe «Fans»: Lasst Hefti in Ruhe und seid stattdessen stolz, dass sich ein Spieler aus der Region einen Vierjahresvertrag beim Schweizer Meister erspielt hat. Nicht Silvan Hefti hat den FCSG verraten. Aber es wäre Verrat, würde man den Goldacher bei seiner dereinstigen Rückkehr in den Kybunpark mit Pfiffen statt mit Applaus begrüssen.

Quelle: tvo

veröffentlicht: 1. September 2020 16:23
aktualisiert: 2. September 2020 06:04
Quelle: FM1Today

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