Stimmungswandel in der Bundesliga

04.11.2017, 08:26 Uhr
· Online seit 04.11.2017, 05:15 Uhr
Innerhalb eines Monats kam es an der Spitze der Bundesliga zu einem kaum für möglich gehaltenen Form- und Stimmungswandel: Krise statt Aufbruch in Dortmund, Aufbruch statt Krise in München.
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«91 Punkte möglich! Darum wird Dortmund Meister», titelte die «Bild»-Zeitung auf ihrer Website Ende September. Der BVB hatte da soeben Mönchengladbach mit 6:1 aus dem eigenen Stadion gefegt, der FC Bayern wiederum verspielte zuhause beim 2:2 gegen Wolfsburg auf dämliche Art und Weise einen 2:0-Vorsprung. Eine Woche später siegte Dortmund in Augsburg erneut, während den Bayern auch in Berlin eine Zwei-Tore-Führung entglitt. Die Borussia wurde da und dort erst recht voreilig zum Meister ausgerufen.

91 Punkte. Das ist jene Marke, die seit Bayerns Triple-Saison 2012/13 im Bundesliga-Rekordbuch steht. Wer diese Marke egalisieren will, darf während den 34 Spieltagen maximal elf Punkte abgeben. Innerhalb von nur zwei Wochen liess Dortmund im Oktober jedoch acht Zähler liegen - aus einem Fünf-Punkte-Vorsprung gegenüber Bayern München wurde ein Rückstand von drei Zählern vor dem Direktduell heute Samstag (18.30 Uhr) im Ruhrgebiet.

Während die Münchner seit der Rückkehr von Jupp Heynckes auf die Trainerbank sämtliche sechs Pflichtspiele in Meisterschaft, Cup und Champions League gewannen, blamierte sich Dortmund auf europäischer Ebene zweimal mit einem 1:1 gegen APOEL Nikosia. Peter Bosz, zunächst von den Medien gefeiert, sieht sich aufgrund seiner risikoreichen Spielauslegung Kritik ausgesetzt. Neun Gegentore in den vergangenen drei Bundesliga-Spielen sprechen gegen die Taktik des Niederländers, dem vereinzelt vorgeworfen wird, keinen Plan B zu haben.

Dortmunds Führungsspitze um Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ist derweil bemüht, keine Hektik aufkommen zu lassen und den jüngsten Negativtrend zu relativieren. «Ruhiger und zielorientierter als bei uns geht es nicht», liess der BVB-Chef via «kicker» verlauten. Seit dem Amtsantritt des neuen Trainers habe es «nicht eine Silbe Irritation» und «keinen Hauch einer öffentlich geführten Diskussion» über die neue sportliche Ausrichtung gegeben.

Ende September war es Münchens Führungsriege um Uli Hoeness und Karl-Heinz Rummenigge gewesen, die sich nach der frühesten Trainerentlassung der Klubgeschichte heftigem medialen Gegenwind ausgesetzt sah. Die jüngsten Ergebnisse und das aktuelle Auftreten des Teams lieferten jedoch den Beweis, dass Bayern mit der Trennung von Carlo Ancelotti und Heynckes' Rückkehr alles richtig gemacht hat. Von der Form von 2013, als der FC Bayern unter Heynckes mit attraktivem Fussball das Triple gewann, sind die Münchner zwar noch weit entfernt. Es ist jedoch unverkennbar, dass Stabilität und Selbstvertrauen im Spiel der Bayern zurück sind.

Die Mannschaft tritt wieder als Einheit auf, Offensivspieler wie Arjen Robben beteiligen sich an der Defensivarbeit. Kingsley Coman blüht auf der linken Aussenbahn zunehmend auf, David Alaba findet allmählich zu seinem Leistungsvermögen zurück. Der Schlüsselspieler in Heynckes' System ist jedoch der Spanier Javi Martinez, der wie vor fünf Jahren wieder auf der Sechserposition als defensiver Stabilisator Räume zustellt. Seit dem Trainerwechsel gewährt Bayern seinen Bundesliga-Gegnern kaum noch Torchancen.

Wie schnelllebig das Fussball-Geschäft ist, verdeutlicht der diametrale Wandel in Dortmund und München im Oktober. Das Topspiel heute könnte einen weiteren Wendepunkt darstellen, sollte Dortmund in die Erfolgsspur zurückfinden und die Tabellenführung mit einem Sieg zurückerobern. Andererseits könnte es auch der Beginn eines weiteren bayrischen Meisterschaftsmonologs sein. Letzteres ist mit Blick auf die vergangenen Wochen wahrscheinlicher.

veröffentlicht: 4. November 2017 05:15
aktualisiert: 4. November 2017 08:26
Quelle: SDA

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