Steve von Bergen, im ersten Spiel gegen Valencia, bei diesem 1:1, war Ihre zweite Halbzeit besonders gut. Valencias Trainer sagte nachher, YB habe klar dominiert, sein Team sei eine Zeitlang überfordert gewesen. Können Sie in Valencia direkt an diese zweite Halbzeit anknüpfen?
Steve von Bergen: «Diese zweite Halbzeit muss hundertprozentig in unseren Köpfen sein, das ist klar. Wir wissen auch, dass dieses Spiel vielleicht unsere letzte Chance ist, in der Champions League noch etwas zu erreichen. Wir wissen nicht, was uns genau erwartet. Wir spielen auswärts, und es werden 40'000, vielleicht 50'000 Zuschauer dort sein. Trotzdem müssen wir auch dort diese positive Einstellung, dieses Tempo, diese Dynamik haben wie hier. Valencia hat momentan eine schwierige Phase in der Meisterschaft. Die Fans erwarten immer viel, wie vielleicht die Fans von Napoli.»
In letzter Zeit hat YB immer in der zweiten Halbzeit zugeschlagen. Die 13 Tore in den letzten sechs Spielen in Meisterschaft, Cup und Champions League fielen alle nach der Pause. Man kann von einem Phänomen reden. Wie erklären Sie sich das?
«Es gibt nicht wirklich eine Erklärung. Aber sicher haben wir eine Ruhe und eine Stärke in der Mannschaft und die Überzeugung, dass wir in der zweiten Halbzeit gut sind. Auch zuletzt gegen GC war es am Anfang nicht so gut. Aber wir hatten diese Geduld, die wie eine Power ist.»
Mit welcher Einstellung soll YB denn diesen Match angehen?
«Die drei anderen Mannschaften in unserer Gruppe haben damit gerechnet, gegen YB sechs Punkte zu holen, das ist klar. Valencia hat hier in Bern aber zwei Punkte gelassen. Für Valencia ist es jetzt eine Pflicht zu gewinnen. Sicher werden wir nicht von Anfang an nach vorn gehen wie die Verrückten, das wäre total falsch. Wenn es uns gelingt zu dominieren, dürfen wir nie vergessen, dass Valencia hervorragende Möglichkeiten beim Kontern hat. Also müssen wir defensiv ein perfektes Spiel machen. Wir müssen unser bestes Spiel in diesem Herbst machen, nicht nur die beste Halbzeit.»
In der Meisterschaft war YB schon vor einem Jahr nach 13 Runden Erster. Jetzt sind Sie ebenfalls Erster und haben fünf Punkte mehr geholt als vor einem Jahr. Sie haben mit 14 Gegentoren wieder die beste Defensive. Und Sie haben 43 Tore erzielt, das sind 30 Prozent mehr als vor einem Jahr. Also haben Sie in der nationalen Konkurrenz von einem sehr guten Niveau ein noch höheres Niveau erreicht. Was sind die Gründe?
«Es ist nicht nur eine Arbeit von einem oder zwei Jahren. Einige Spieler sind viel länger bei uns. Die Kontinuität ist ein Grund, das Vertrauen ist ein Grund. Wir haben längst begonnen, an unsere Stärke zu glauben. So können wir auch mit mehr Ruhe und mit klaren Zielen arbeiten. Es ist nicht einfach, denn wir müssen uns ja manchmal alle drei Tage beweisen. Auch mental ist das nicht einfach. Nach einem Sieg fährt man ein bisschen herunter, aber ein paar Tage später muss man wieder hundertprozentig bereit sein. Gewinnen ist nicht selbstverständlich. Wir müssen arbeiten, um zu gewinnen.»
Im Kader gibt es Spieler wie Nsame, Moumi Ngamaleu, Aebischer, Bertone, Garcia oder Schick, die bei YB meistens nicht in der Startformation stehen, die aber in vielen anderen Klubs der Super League wohl einen Stammplatz hätten. Wie finden sich diese Spieler mit ihrer Rolle zurecht?
«Es ist vielleicht nicht einfach für einen Spieler, wenn er im Cup gegen Biel spielen kann und nachher gegen Manchester United nicht. Aber jeder akzeptiert seine Rolle, jeder arbeitet. Es gibt eine Konkurrenz im Kader, eine gesunde Konkurrenz. Die Spieler kommen mit ihren Rollen gut zurecht. Sie beweisen es ja auf dem Platz. Moumi Ngamaleu rennt 14 Kilometer, Aebischer hat schon vier Tore gemacht in der Super League. Nsame fünf Tore, glaube ich. Und er hat jedes Mal sehr gut gespielt. Man kann nicht unbedingt von Stammspielern und Ersatzspielern sprechen. Natürlich gibt es eine Hierarchie mit erfahrenen Spielern. Aber es ist immer eine Mischung. Auch das ist eine Stärke von uns.»
Sie spielten am Anfang ihrer Karriere neun Jahre bei Neuchâtel Xamax. Sie sind ja auch Neuenburger. In zwei Saisons mit dem FCZ wurden Sie zweimal Meister. Jetzt spielen Sie in der sechsten Saison in Bern. Welches ist der Verein Ihres Herzens?
«Die Zeit in Zürich war für mich unglaublich, und auch gut für meine Karriere. Aber man kann es nicht vergleichen mit dem, was ich mit Xamax und YB erlebt habe. Bei YB haben wir fünf Jahre gebraucht, um etwas zu erreichen. Was wir letzte Saison erlebt haben, erlebst du nur einmal im Leben. In Bern habe ich meine grössten Emotionen erlebt. YB hat eine andere Bedeutung. Ich fühle mich hier zu Hause. Ich liebe diesen Verein.»