«Unter Zinnbauer hätte ich nicht mehr gespielt»
Nach dem Spiel wurdest du von der Kurve gefeiert. Nach so einer Rückrunde, wo du unter Joe Zinnbauer vielfach gar nicht im Kader warst, was war das für ein Moment? Für mich war das auch eine Premiere, dass sie meinen Namen gerufen haben. Das war sehr emotional für mich. Ich bin keiner, der oft Tränen vergiesst, aber da sind einige Tränen gekommen. Es war sehr schön, aber es war auch Trauer dabei, dass es bald vorbei ist. Das ist nicht einfach für mich. Wenn die Situation ein bisschen anders gewesen wäre, hätte ich vielleicht in St.Gallen nochmals einen Vertrag unterschrieben. Das war nicht der Fall, ich habe einen Entscheid getroffen und jetzt muss ich das auch durchziehen, so wie ich es immer getan habe - auch auf dem Platz. In dieser schwierigen Phase, in der du nicht einmal mehr auf der Bank warst, hättest du da noch damit gerechnet, dass es so einen schönen Abschied geben könnte?
Naja. Meine Entscheidung war getroffen. Solange Joe Zinnbauer hier Trainer war, hätte ich kein Spiel mehr machen wollen. Ich habe das den Verantwortlichen auch kommuniziert. Ich wollte kein Abschiedsspiel bekommen, weil es dem Trainer aufgebrummt wurde. Wenn, dann wollte ich ein Abschiedsspiel, weil ich es mir verdient habe. Ich war vier Monate nicht im Kader und die Art und Weise, wie ich ausgebootet wurde, war für mich unerklärlich. Aber schlussendlich kam ein neuer Trainer, der mir auch klar gesagt hat, dass er respektiert, wieviel ich für St.Gallen gemacht habe. Er gab mir keine Garantie, dass ich spielen werde, aber er sagte, dass er weiss, dass ich parat bin, wenn er mich braucht. Und dieses Vertrauen versuchte ich mit Leistung auf dem Platz zurück zu geben.
«Ich wurde einfach fallen gelassen»
Es war ja schon speziell. Joe Zinnbauer hat dich anfangs sehr gelobt und gesagt, du wärst sein verlängerter Arm in der Mannschaft und plötzlich warst du weg. Ja. Anfangs war es für mich sogar manchmal unangenehm, dass der Trainer mich so lobte. Ich war mir das nicht gewöhnt. Jeff Saibene war ja auch nicht so. In den kommenden zwei Transferperioden kamen mehrere neue Spieler. Ich wusste dann eine Zeit lang nicht, woran ich bin, wurde vom rechten Verteidiger zum defensiven Mittelfeldspieler und dann wieder zurück geschoben, weil es nicht funktionierte. Als die Resultate nicht stimmten, wurde ich dann einfach fallen gelassen, zuerst auf die Bank und dann auf die Tribüne gesetzt, ohne dass man wirklich mit mir geredet hatte. Das war für mich unerklärlich. Hast du das Gespräch mit dem Trainer gesucht? Nein. Ich wollte keine Aussagen hören, die für mich nicht akzeptabel waren. Deshalb bin ich auch nicht ins Büro und habe das Gespräch gesucht. Ich spürte, dass der Trainer seine Entscheidung getroffen hatte. Ich wollte auch keine Alibi-Begründungen hören, wie: «Wir spielen morgen gegen eine kopfballstarke Mannschaft und du bist klein und gewinnst keine Kopfball-Duelle.» Für ihn war es deshalb in diesem Moment vielleicht auch einfach. Weil: Der Mario beklagte sich nicht, der Mario gab Gas, der Mario war loyal. Ich hatte das akzeptiert, wollte dann aber auch nicht mehr für ihn auflaufen. Nicht wegen dem Sportlichen. Ich war menschlich enttäuscht und das zählt für mich auch.
«Ich wäre gerne in St.Gallen geblieben»
Hat Joe Zinnbauer nicht in diesen familiären Verein gepasst? Vielleicht. Ich will aber auch niemanden schlecht machen, will nicht nachtreten. Das war die Art und Weise, wie er gearbeitet hat und ich will erklären, wie es mir unter ihm ergangen ist. Wollte ich ihn schlecht machen, hätte ich früher drauf gehauen. Aber das ist nicht meine Art. Ich will hier weg gehen und dass die Leute ein gutes Bild von mir haben. Ich habe deshalb während der Zeit, als ich auf der Tribüne sass, auch nicht mit Journalisten gesprochen. Man ist dann emotional und formuliert vielleicht etwas falsch. Das heisst zusammengefasst, wenn die Voraussetzungen anders gewesen wären, hättest du dir gut vorstellen können, noch länger in St.Gallen zu bleiben? Definitiv, ja. Und jetzt trauerst du der Sache nach? Natürlich, weil ich sehe, dass ich das Niveau noch habe. Wenn man jedes Spiel auf der Tribüne sitzt, zweifelt man manchmal schon auch an sich und seinen Qualitäten. Und ich musste eine Entscheidung fällen. Auch ich muss zum Beispiel meine Wohnung kündigen und konnte nicht ewig zu warten. Ich werde bald 33 und wenn du mehrere Monate nicht gespielt hast, wird es schwierig, einen Verein zu finden. Progrès Niederkorn (ein Verein aus der 1. Liga in Luxembourg, Anm. d. Red.) hat sich stark um mich bemüht und ich hatte mich deshalb entschieden, diesen neuen Weg zu gehen. Im Nachhinein kann man sagen: Hätte ich vielleicht mehr Geduld gehabt, wäre ich vielleicht noch länger hier. Dann kam der Trainerwechsel aus deiner Sicht zu spät?
Ja, das kann man ja nie wissen. Für mich ist einfach traurig, dass nur der Trainer zu entscheiden schien. Ich meine, der Verein kennt mich ja, die wissen, was sie an mir haben. Da kam jetzt aber auch nicht das Feedback: Wir wollen dich.
Und wenn wir jetzt nach vorne schauen: Mit welchen Gefühlen gehst du nach Luxembourg?Der Verein hat sich früh um mich bemüht. Ich habe immer klargestellt, dass ich warten möchte. Trotzdem gab es Gesrpäche, weil mein Vertrag beim FCSG ja ausläuft. Als die Situation dann extrem schlecht wurde und ich immer nur auf der Tribüne sass, habe ich dann zugesagt. Ich kann mit Progès Niederkorn - ähnlich wie in St.Gallen - Geschichte schreiben. Wir spielen Ende Juni die erste Runde der Europa-League-Qualifikation und die hat noch nie eine Mannschaft aus Luxembourg überstanden. Die wollen da etwas aufbauen und die wollen, dass ich die Mannschaft führe. Ich will ausserdem die Trainer-Diplome machen. Den C-Schein habe ich schon. Im Moment will ich aber vor allem noch spielen.
Mit dem FCSG gab es keine Gespräche über ein weiteres Engagement? Ich sag's mal so: Für mich zählt schwarz auf weiss - und das lag nicht vor.
«Irgendwann komme ich vielleicht zurück»
Wie gross sind die Unterschiede von St.Gallen und Niederkorn? Die luxembourgische Liga ist nicht professionell. Wir werden am Abend um 18.30 Uhr trainieren, weil die Mitspieler noch arbeiten. Und statt 15'000 Zuschauer werden vielleicht 700 bis 800 Zuschauer kommen. Aber die Infrastruktur ist sehr gut. Und sie wollen auch stetig wachsen und dabei von meiner Erfahrung profitieren. Und sie eröffnen bald auch eine kleine Fussballakademie, wo sie mir auch die Chance geben, Trainerluft schnuppern zu können. Du hast ja einen 16 Monate alten Sohn. Hast du jetzt auch mehr Zeit für die Familie?
Ja, aber die hätte ich auch nächstes Jahr noch gehabt (schmunzelt). Die ganze Familie wird jetzt mit mir nach Luxembourg kommen.
Zum Schluss: Könntest du dir vorstellen irgendwann nach St.Gallen zurück zu kehren? Natürlich, wenn man fünf Jahre irgendwo war, hat man auch ein Stück weit seine Heimat gefunden. Ich fühle mich sehr wohl in St.Gallen, habe auch viele Freunde hier kennengelernt und von denen muss ich mich jetzt auch erst mal verabschieden. Aber wenn ich in zwei, drei Jahren die Möglichkeit bekomme, zurück zu kommen, würde mich das riesig freuen, auch in anderer Funktion.