St.Gallerin Janine Frei

Nach 100-Kilometer-Lauf: Podestplatz und «Glückshormone pur»

08.09.2021, 16:55 Uhr
· Online seit 08.09.2021, 11:56 Uhr
Der Freitagabend steht für Genuss und Entspannung. Leute stossen an, besuchen Konzerte oder kuscheln sich ein. Nicht so bei Janine Frei. Die 27-Jährige hat am Bieler Ultramarathon über 100 Kilometer teilgenommen und wurde dabei ganz zufällig Dritte bei den Schweizer Meisterschaften.

Quelle: FM1Today / zVg

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Der Bieler Ultramarathon ist ein Jahreshighlight für viele Ausdauersportlerinnen und -sportler. Die langen Vorbereitungen gipfeln im Wettkampf. Mittendrin ist Janine Frei. Die St.Gallerin ist 2019 ihren ersten Marathon gelaufen und hat seither immer länger und öfter trainiert: «Es hat mich gepackt und ich war auf der Suche nach einer grösseren Herausforderung, da wusste ich: Biel ist das richtige Rennen für mich.»

«Plötzlich habe ich realisiert, das sind die Schweizer Meisterschaften»

Der Start des Rennens war am Samstagabend um 22 Uhr. Um 7.26 Uhr, also mit einer Zeit von neun Stunden und 26 Minuten, ist die Praxismanagerin bei der Berit Klinik in Niederteufen im Ziel angekommen. Sie erinnert sich genau an den Moment und wird diesen wohl auch nie vergessen: «Da war ein Feuerwerk und es hat goldenes Konfetti geregnet. Es war ein unbeschreibliches Gefühl – Glückshormone pur.» Ihr Ziel war es, das Rennen zu vollenden und dabei eine Zeit zwischen zehn und elf Stunden zu schaffen. Erreicht hat sie viel mehr. Sie lief auf das Podest und wurde im Ziel noch mit einer speziellen Neuigkeit überrascht: «Plötzlich habe ich realisiert, das sind die Schweizer Meisterschaften.»

Alleine durch die Nacht

Besonders zu schaffen gemacht hat der 27-Jährigen die Nacht, da sie sich darauf nicht vorbereiten konnte. «Ich konnte nicht vorschlafen, dadurch hat mir eine ganze Nacht gefehlt», so Frei. Ausserdem habe die Strecke zu grossen Teilen durch den Wald geführt: «Da musste ich immer aufmerksam sein, um keinen falschen Schritt zu riskieren.» Sie habe mit müden Augen zu kämpfen gehabt und auch mental sei es schwer, nicht in eine Negativspirale abzurutschen. «Man hat nur sich selbst und die dunkle Nacht. Es gibt keine Ablenkungen. Keine Zuschauerinnen und Zuschauer. Nur die eigenen Gedanken.» Mit kleinen Minizielen hat sich die St.Gallerin immer wieder selber motiviert. Dann plötzlich bei Kilometer 70 wurde sie von ihrem Vater informiert, dass sie momentan auf dem dritten Platz sei.

Der Kampf um das Podest

Durch diese Nachricht habe sich plötzlich ihre Erwartungshaltung verändert: «Bis dahin bin ich einfach gelaufen, ab da wollte ich den Podestplatz halten.» Wie man heute weiss, hat sie das auch geschafft, aber selbstverständlich ist das nicht. Die 27-Jährige hat zuvor noch nie 100 Kilometer absolviert. Der längste Trainingslauf war zwei Wochen vor dem Start von Zürich nach St.Gallen, also «nur» 83 Kilometer. Ausserdem hatte sie während des Rennens immer wieder mit Schmerzen zu kämpfen. «Bereits bei Kilometer 50 hatte ich sehr schwere Beine und starke Muskelbeschwerden. So starke Schmerzen hatte ich im Training nie erlebt», sagt Frei. Erst ab Kilometer 60 habe sich der Körper wieder erholt: «Da konnte ich dann das Tempo wieder steigern.»

Eine ganze Woche Pasta zur Vorbereitung

Nicht nur das Rennen selber war extrem, auch die Tage davor und danach. Zum ersten Mal in ihrem Leben arbeitete Frei mit einem Trainingsplan und auch bei der Ernährung war sie konsequent: «Ich habe die ganze Woche Pasta gegessen, um die Kohlenhydratspeicher zu füllen.» Nach dem Rennen konnte sie trotz der riesigen Anstrengung und der kompletten Übermüdung nicht schlafen. Das Adrenalin sei einfach zu viel gewesen.

Für die Praxismanagerin sind genau diese Herausforderungen der Grund für das extreme Laufen. Sie brauche den Sport als Ausgleich. Er gebe ihr Energie: «Mir macht es Spass, mich selber zu fordern. Dieses Gefühl, wenn man es schafft, ist unglaublich. Das Endorphin macht süchtig.» So überrascht es nicht, dass die 27-Jährige bereits an die nächsten Herausforderungen denkt: «Was gibt es als Nächstes? Ich weiss es noch nicht, aber eine Steigerung wäre schön. Vielleicht gehe ich in Richtung Triathlon, wer weiss.»

veröffentlicht: 8. September 2021 11:56
aktualisiert: 8. September 2021 16:55
Quelle: FM1Today

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