Rad

Remco Evenepoel ist zwar erst 20, aber schon Seriensieger

15.08.2020, 06:43 Uhr
· Online seit 15.08.2020, 04:20 Uhr
Remco Evenepoel steht noch ohne Start bei einer Grand Tour oder einem grossen Eintagesklassiker da. Am Samstag erfolgt für das belgische Toptalent in der Lombardei die Premiere bei einem Rad-Monument.
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Als der Neoprofi Remco Evenepoel Anfang August 2019 in San Sebastian zu seinem ersten Eintagesrennen auf World-Tour-Stufe antrat, stellte er seine herausragenden Fähigkeiten umgehend und eindrücklich unter Beweis. Vor der letzten Steigung lancierte der damals 19-jährige Belgier die entscheidende Attacke, 8 km vor dem Ziel liess er auch seinen letzten Begleiter stehen. Die Verfolgergruppe um den am Ende zweitklassierten Olympiasieger Greg van Avermaet und die grosse Schweizer Hoffnung Marc Hirschi traf mit 38 Sekunden Rückstand in der baskischen Hauptstadt ein. Der sensationelle 3. Rang des eineinhalb Jahre älteren Berners Hirschi ging - zumindest international - wegen Evenepoels Gala fast gänzlich unter.

Evenepoel ist zwar nur 1,71 m gross und 61 kg schwer, womit er in den Bergen zu Grossem befähigt ist und als zukünftiger Grand-Tour-Sieger angesehen wird. Doch zugleich verfügt der Belgier auch dank überdurchschnittlichen Werten bei der maximalen Sauerstoffaufnahme und beim natürlichen Anteil roter Blutkörperchen über exzellente Roller-Qualitäten. Ein Mix, der ihn immer wieder Erstaunliches zustande bringen lässt.

Sehr gut in Form

So verblüffte er vergangene Woche bei der vorletzten Etappe der Polen-Rundfahrt mit einer Soloflucht über 51 km. Dabei widerstand er eindrücklich den hochkarätigen Verfolgern Jakob Fuglsang, Simon Yates und Rafal Majka und triumphierte am Ende mit fast zwei Minuten Vorsprung. Auch der Gesamtsieg war Evenepoel in Polen nicht mehr zu nehmen, so wie schon in drei mehrtägigen Rundfahrten in diesem Jahr zuvor nicht.

Obwohl Debütant bei einem der fünf Rad-Monumente, zu welchen auch Mailand - Sanremo, die Flandern-Rundfahrt, Lüttich - Bastogne - Lüttich und Paris - Roubaix gehören, gehört Evenepoel bei der am Samstag stattfindenden Lombardei-Rundfahrt neben Fuglsang, dem zweifachen Sieger Vincenzo Nibali, Vorjahressieger Bauke Mollema und Mathieu van der Poel aus den Niederlanden gleich zu den Topfavoriten. Das habe «wahrscheinlich» schon seine Richtigkeit, befand der selbstbewusste Flame nach seinem Triumph in Polen.

«An meiner Form wird es in der Lombardei nicht liegen. Doch zugleich muss ich auch vom Pech verschont bleiben und die Abfahrten gut kennenlernen.» Die neuralgischen Stellen auf dem 243 km langen Parcours von Bergamo nach Como hat er im Internet schon angeschaut. Zudem rekognoszierte der Jüngste im Starterfeld das anspruchsvolle Finale nahe der Schweizer Grenze diese Woche auf dem Velo genauer.

Giro statt Tour

Evenepoel gewann schon auf Stufe Nachwuchs fast alles, was es zu gewinnen gab. Ende 2018 wechselte er als Doppel-Weltmeister bei den Junioren direkt ins Profi-Lager - in der U23-Kategorie wäre er unterfordert gewesen. Beim Team Deceuninck-Quick Step des Belgiers Patrick Lefevere findet der ehemalige Fussballer, der es bis in die belgische U15-Nationalmannschaft gebracht hat, ideale Verhältnisse vor. In der starken Equipe mit überdurchschnittlich vielen Siegesfahrern wird Evenepoel kein zusätzlicher Erfolgsdruck auferlegt.

Auch in der nun stark komprimierten Corona-Kurzsaison sind seine Einsätze wohl geplant, erhält das Ausnahmetalent die nötigen Auszeiten zugeteilt. Nach dem ersten Wettkampfblock, der bereits jetzt als Erfolg zu werten ist, folgt eine Pause - und nicht etwa die Teilnahme an der Tour de France. Das Debüt bei einer Grand Tour gibt Evenepoel vielmehr einige Wochen später beim Giro d'Italia. Dieser beginnt am 3. Oktober auf Sizilien mit einem Einzelzeitfahren.

Ein Auftakt wie geschaffen für den enorm starken Zeitfahrer, der sich in dieser Disziplin im vergangenen Herbst an der WM einzig dem australischen Titelverteidiger Rohan Dennis geschlagen geben musste. Im August 2019 in Alkmaar war Evenepoel in der Prüfung gegen die Uhr sogar Europameister geworden. In beiden Zeitfahren ging beispielsweise der Thurgauer Stefan Küng leer aus.

veröffentlicht: 15. August 2020 04:20
aktualisiert: 15. August 2020 06:43
Quelle: sda

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