Spengler Cup

Herzblut der Biancoblu auf dem Eis und auf den Rängen

28.12.2019, 06:55 Uhr
· Online seit 28.12.2019, 06:55 Uhr
Davos präsentiert sich als Festhütte für Ambri-Piotta. Getragen von seinen legendären Fans zelebrieren die Biancoblu ihre Spengler-Cup-Premiere mit Herzblut auf dem Eis und auf den Rängen.
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Nach der 4:1-Auftakt-Gala gegen Salawat Ufa erreichte die Stimmung auf den Rängen mit Ambris legendärer Siegeshymne «La Montanara» ihren Siedepunkt. Marc Gianola, der als langjähriger Verteidiger, früherer Captain des HC Davos und heutiger OK-Präsident ein Veteran des Spengler Cups ist, adelte Ambris Anhängerschaft. «Eine solche Stimmung habe ich an diesem Turnier noch nie erlebt. Unglaublich», schwärmte er.

Kein Zweifel: Die famose Premiere der Leventiner fand in Davos auch Anklang bei neutralen Hockey-Geniessern. «Wir haben das Herz am rechten Fleck und arbeiteten einfach härter als der Gegner», sagte Stürmer Marco Müller zu Ambris bemerkenswertem Auftakt.

Das sofortige Attackieren des Gegners und die entsprechende Einstellung hatten sich laut Ambris Trainer Luca Cereda ausgezahlt. Eine Verletzungswelle mit bis zu zehn Absenzen hatte Ambri in der Meisterschaft zuletzt nicht an einem Lauf von fünf Siegen in Folge gehindert, darunter einem Auswärtserfolg am 21. Dezember beim bis dahin ebenfalls fünf Mal in Folge siegreichen Meister Bern. «Wir fokussieren uns auf Lösungen und sehen nicht die Probleme. Die Gedanken sind auch bei Gegenwind darauf gerichtet», sagt Cereda.

Goalie Daniel Manzato bringt es gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf den Punkt: «Als Team arbeiten wir mit- und füreinander.» Opferbereitschaft sei nicht einfach ein Schlagwort bei Ambri. «Es wird gelebt. Und nur so kann Ambri auch Erfolg haben.»

Das Ziel des ewigen Liga-Underdogs am Spengler Cup ist laut Manzato, «den Leuten das Ambri-Hockey zu zeigen. Auf dem Eis heisst dies, nicht nachgeben, aggressiv sein. Und dann schauen wir, was bei der Premiere herauskommt.»

Ausgeglichene Energie-Rechnung für Cereda

Ambris Trainer Cereda geht nicht davon aus, dass sich die erstmalige Teilnahme am Traditionsturnier nachträglich als Energieräuber für die entscheidende Meisterschaftsphase der Qualifikation im Januar und Februar entpuppt. Er kalkuliert mit einer ausgeglichenen Rechnung für Ambri: «Der Spengler Cup nimmt Energie weg, gibt aber auch Energie zurück fürs ganze Team. Es braucht sicher Zeit, Emotionen zu verdauen und den Tank wieder zu füllen. Physisch hingegen sehe ich für das Team kein Problem.»

Das sieht hat auch Marco Müller so. Der Doppeltorschütze vom Donnerstag gegen Ufa geniesst die Aufmerksamkeit in vollen Zügen: «Es ist ein Riesen-Fest. Schon als kleiner Junge träumte ich davon, hier einmal auflaufen zu dürfen. Jeder schaut in dieser Ferien-Zeit zu. Da geniesst man jede Sekunde. Und bleibt mit diesen Spielen auch im Rhythmus.»

Oder gewinnt gar an Intensität dazu. Wie Dominic Zwerger, der sich nach überstandenem Pfeifferschen Drüsenfieber in der Saisonpause mittlerweile wieder Stück für Stück der Bestform nähert. «Mit ihm harmoniere ich sehr gut», sagt der frühere SCB-Stürmer Müller, der zusammen mit Zwerger für Ambris Mut und Tempo steht.

Ambri als Russen-Schreck

Der Dorfklub aus dem Nordtessin sorgt am Spengler Cup aber nicht nur für Tempo, Tore und Emotionen, sondern bestätigte seinen Ruf als Russen-Schreck. Denn schon bei den grössten internationalen Erfolgen, den beiden Triumphen an den Continental-Cup-Finalturnieren (1998 und 1999 in Kosice und Berlin) sowie dem Gewinn des damaligen europäischen Super-Cups (1999), waren die Leventiner gegen russische Teams jeweils siegreich geblieben.

Awangard Omsk (in Kosice), Bars Kasan (Berlin) und Metallurg Magnitogorsk (in Ambri) mussten sich seinerzeit den Biancoblu geschlagen geben. Einzig im zweiten Supercup-Meeting (2000 in Magnitogorsk) gab es einmal eine Niederlage nach Verlängerung.

Den dritten und letzten europäischen Titel innert Jahresfrist hatten die Leventiner vor 20 Jahren im früheren Ostberlin zum damaligen Jahrtausend-Ausklang errungen. Luca Cereda, der heutige Trainer, und Paolo Duca, der aktuelle Sportchef, zählten bereits zum Kader, waren in jener Altjahreswoche aber an der U20-WM engagiert.

Es war am Tag des Lothar-Sturms in der Schweiz, dem 26. Dezember 1999, als Ambri mit einem Sieg über das slowakische Team von Zvolen den Grundstein zum Titelgewinn legte. In Berlin entstand eine Fan-Freundschaft der Biancoblu-Verehrer mit Anhängern der Eisbären Berlin, die weiter Bestand hat.

Seinerzeit war Ambris «Triple» von der entfernten VIP-Szene am Spengler Cup noch milde belächelnd zur Kenntnis genommen worden. Nach der diesjährigen Visitenkarte von Ambri-Piotta in Davos wird dies nicht mehr der Fall sein. Und Ambri wird seine Anhängerschaft wohl erweitert haben. Wer will schon nicht dazugehören, wenn Ambris derzeit verletzter tschechischer Vorkämpfer Jiri Novotny sagt: «Solche Fans wie in Ambri hatte ich in meiner ganzen Karriere nie.»

veröffentlicht: 28. Dezember 2019 06:55
aktualisiert: 28. Dezember 2019 06:55
Quelle: sda

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