Thurgauer Feministin Julia Onken verurteilt

26.03.2019, 11:32 Uhr
· Online seit 26.03.2019, 07:47 Uhr
Die Thurgauer Feministin Julia Onken ist wegen eines Blogeintrags über Jolanda Spiess-Hegglin verklagt und von der Staatsanwaltschaft zu einer Busse und Geldstrafe verurteilt worden. Doch der Klägerin geht es um mehr als Ehrverletzung.
Angela Mueller
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Sie gilt in der Schweiz als eine der bekanntesten Feministinnen der Gegenwart: Julia Onken (76) aus Amriswil. Doch das hielt sie nicht davon ab, im August 2015 in ihrem Blog negativ über die jüngere Politikerin Jolanda Spiess-Hegglin (39) zu schreiben, die damals in einen Skandal um Vorfälle an der Zuger Landammannfeier verwickelt war. Dabei ging es vermeintlich um K.O.-Tropfen und Vergewaltigung.

Eine Welle des Hasses und ein böser Blogeintrag

Onken hatte sich damals in ihrem Blogeintrag auf Medienberichte gestützt, die nicht der Wahrheit entsprachen, was zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits bekannt war, wie das St.Galler Tagblatt schreibt. Jolanda Spiess-Hegglin wurde zur Titelfigur der gesamten Schweizer Presse und war einem massiven Shitstorm im Netz ausgesetzt.

Das rief bei Onken aber offenbar keinerlei Mitgefühl gegenüber der jüngeren Feministin hervor, sondern sie griff sie an: Spiess-Hegglin habe sich nach einer sexuellen Eskapade als Opfer eines Verbrechens dargestellt, um sich aus der Verantwortung zu ziehen.

Die verschiedenen Medienberichte hatten eine Welle des Hasses, Drohungen und Beleidigungen gegen Spiess-Hegglin hervorgerufen. Diese wandte sich von der Politik ab und gründete den Verein Netzcourage, der sich für Anstand, gegen Hassrede und Rassimus im Netz einsetzt.

Onken zieht das Urteil weiter

Knapp 200 Anzeigen nicht nur in eigener Sache hat Spiess-Heglin seither eingereicht, darunter auch gegen die 76-jährige Feministin Julia Onken, auch wenn dieser Blogeintrag im Vergleich zu anderen Anfeindungen relativ harmlos erscheint. Doch für Hegglin-Spiess geht es in diesem Fall auch um Frauensolidarität: «Wie kann eine, die sich Frauenrechtlerin nennt, öffentlich die Ehre einer anderen verletzen?», fragt sie.

Dass sich Frauen, noch dazu Feministinnen, gegenseitig in den Rücken fallen, sei «Gift für die Gleichstellung von Mann und Frau», sagt sie gegenüber dem St.Galler Tagblatt. Die feministische Szene lese Onkens Blog, für viele sei sie nach wie vor Vorbild.

Die Bischofszeller Staatsanwaltschaft hat Julia Onken zu einer Busse von 300 Franken und einer bedingten Geldstrafe von 1700 Franken verurteilt. Sie kündigte an, den Entscheid anzufechten.

veröffentlicht: 26. März 2019 07:47
aktualisiert: 26. März 2019 11:32
Quelle: agm

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