Suizid: Innerrhoden sucht Gespräch mit Gefährdeten

15.01.2019, 19:53 Uhr
· Online seit 15.01.2019, 13:18 Uhr
Jedes Jahr sterben in der Schweiz dreimal mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle. Appenzell Innerrhoden möchte mit einer Kampagne zur Suizidprävention vor allem gefährdete Jugendliche ansprechen.
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Brücken haben eine Anziehungskraft auf Menschen, die suizidgefährdet sind. Eine solche Brücke ist etwa die Taminabrücke, die 2017 in Betrieb genommen wurde. Als präventive Massnahme wurden deshalb Netze unter die Brücke gespannt. «Wir haben in Appenzell Innerrhoden keinen solchen Hotspot», sagt Antonia Fässler, Vorsteherin des Innerrhoder Gesundheits- und Sozialdepartements, am Dienstag an der Medienorientierung in Appenzell. Von einem «Hotspot» spricht man dann, wenn an einem Ort mehr als fünf Suizide während zehn Jahren begangen wurden.

Jeder Zehnte hat Suizidgedanken

In Appenzell Innerrhoden nehmen sich jährlich zwei bis drei Menschen das Leben. Nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Jugendlichen ist Suizid eine der häufigsten Todesursachen. Jeder zehnte Jugendliche habe Suizidgedanken, so die Statthalterin.

«Einladung zum Reden»

In Appenzell Innerrhoden lancieren 2019 der Kanton, die Kirche, die Schule und die Sozialberatung gemeinsam eine Kampagne zur Suizidprävention. Verschiedene Veranstaltungen sollen für das Thema sensibilisieren und Hemmungen abbauen. «Die Kampagne ist eine Einladung zum Reden und zum Zuhören», sagt Landammann Roland Inauen.

Die Kampagne «Chomm, vezöll doch!» richtet sich sowohl an gefährdete Menschen, wie auch an deren Umfeld. Schlüsselpersonen wie Lehrer und Eltern sollen angesprochen und aufgeklärt werden. Zum Auftakt werden in der Real- und der Sekundarschule mit allen dritten Klassen Workshops zum Thema durchgeführt. Eine Krise des Selbstwertgefühls gehöre zur Entwicklung von jedem Jugendlichen.

«Kein Betty-Bossi-Rezept»

In der Gesellschaft stehe heute der «Fun» im Vordergrund, sagt Standespfarrer Lukas Hidber. Die Jugendseelsorge begleite gefährdete Jugendliche so gut als möglich. «Es gibt kein Betty-Bossi-Rezept», erklärt Hidber. Es seien kleine Schritte, um den Mut zu finden, zu erzählen. «Hilfe anzunehmen, ist keine Schwäche, sondern eine Stärke», sagt der Pfarrer, der seit zwei Jahrzehnten in Appenzell viele Menschen begleitet hat, die Angehörige durch Suizid verloren haben.

Der TVO-Beitrag zum Thema:

veröffentlicht: 15. Januar 2019 13:18
aktualisiert: 15. Januar 2019 19:53
Quelle: SDA

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