Taxi nicht genutzt und doch bezahlt

· Online seit 11.06.2019, 06:11 Uhr
Wer ein Taxi bestellt, nimmt die Dienstleistung meist auch in Anspruch. Doch was passiert, wenn das Taxi bei der Ankunft abgelehnt wird? Die Taxiunternehmen sind sich uneinig.
Dario Brazerol
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Es ist drei Uhr morgens und Leserreporterin Jana will nach einer Party nach Hause. Sie ist in einem Dorf ausserhalb von St.Gallen und mit dem öffentlichen Verkehr kommt sie nicht mehr weit. Sie bestellt sich ein Taxi aus St.Gallen, welches ihr zusichert, in der nächsten halben Stunde aufzutauchen. Das Taxi kommt, doch Jana konnte sich mittlerweile einen Schlafplatz bei einer Freundin sichern. Dies teilt sie dem Taxifahrer so mit, doch dieser verlangt eine Entschädigung für die Anfahrt. Zurecht?

«Können lediglich vermitteln»

«Ja», sagt Florian Schneider, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen. «Dieses Vorgehen ist sicher berechtigt. Schliesslich wurde ein mündlicher Vertrag abgeschlossen.» Der Polizei selbst sind in einem solchen Fall allerdings die Hände gebunden: «Wir können keine Busse für den Fahrgast ausstellen, da es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit handelt. Wir können lediglich zwischen den Parteien vermitteln.»

Für Samuel Holenstein, Assistent der Geschäftsleitung von Taxi Herold in St.Gallen ist das Vorgehen des Taxifahrers allerdings nur wenig verständlich: «In einem solchen Fall würden wir nichts von einem Kunden verlangen. Klar ist es schade, wenn dies passiert, aber eigentlich kommt es nur sehr selten zu solchen Fällen.» Um Unannehmlichkeiten zu verhindern, empfiehlt er, längere Fahrten schriftlich zu vereinbaren. Und falls ein Kunde merkt, dass er den Taxidienst doch nicht in Anspruch nehmen will, wäre es hilfreich, wenn dieser frühzeitig wieder abbestellt wird.

«Führen eine rote Liste»

Anders sieht dies beim Taxi Frosch aus St.Gallen aus, erklärt Disponentin Susanne: «Wenn das Taxi am vereinbarten Ort erscheint, die Fahrt aber abgelehnt wird, muss vor Ort verhandelt werden. Wir erwarten dann von den Kunden, dass die Anreisekosten übernommen werden.» Sollte sich jemand weigern, diese zu bezahlen, könne das Taxiunternehmen nicht viel dagegen unternehmen. Allerdings haben Taxi-Unternehmen eine weitere Möglichkeit. Susanne vom Taxi Frosch: «Wir führen eine rote Liste. Fahrgäste, die sich in einem solchen Fall weigern zu zahlen, werden von uns nicht mehr transportiert.»

Taxiunternehmen dürfen also eine Entschädigung für die Anreise verlangen. Das bestätigt auch Ruedi Matti, Bereichsleiter beim schweizerischen Nutzfahrzeugverband ASTAG: «Selbstverständlich dürfen die Taxifahrer diese Forderung geltend machen. Grundsätzlich gilt hier das Vertragsrecht. Der Partei, die einen Aufwand erbracht hat, also dem Taxiunternehmen, steht eine Entschädigung zu.» Dies liegt unter anderem daran, dass der Taxifahrer in der Zeit, die er für den Hinweg aufgewendet hat, andere Personen hätte transportieren können.

«Drücken beide Augen zu»

Ob die Taxiunternehmen das Geld einfordern, steht ihnen allerdings frei. Ruedi Matti kann nachvollziehen, dass die Taxi-Unternehmen gelegentlich kulant sind: «Weil die Unternehmen ihr Image pflegen wollen, drücken sie in Ausnahmefällen auch einmal beide Augen zu.»

Jana musste die Anreisekosten für ihr Taxi schlussendlich übernehmen. In Zukunft, so meint sie, wolle sie sich zweimal überlegen, ob sie wirklich ein Taxi bestellt.

veröffentlicht: 11. Juni 2019 06:11
aktualisiert: 11. Juni 2019 06:11
Quelle: dab

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