Toko: Der perfekte Captain

21.07.2016, 12:33 Uhr
· Online seit 21.07.2016, 12:29 Uhr
Nzuzi Toko ist erst seit Anfang Juni Spieler des FC St.Gallen. Und bereits hat ihn Trainer Joe Zinnbauer zum Captain ernannt. Schaut man sich den Lebenslauf der Kampfmaschine an, überrascht der rasante Aufstieg aber nicht.
David Scarano
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Michael Zorc, der legendäre ehemalige Borussen-Captain, wurde einmal in einem Interview gefragt, was einen Führungsspieler ausmache. «Susi» meinte, dieser dürfe weder eindimensional noch ich-bezogen denken, sondern müsse für das Team handeln. Ein Leader brauche zudem Sozialkompetenz, Kommunikationsfähigkeit und vor allem Authentizität. «Wer bei den anderen anerkannt werden will, darf sich nicht verstellen. Sonst wird er unglaubwürdig», sagte Zorc.

Seit gestern ist bekannt, dass Trainer Joe Zinnbauer Neuzugang Nzuzi Toko gleich zum FCSG-Captain befördert hat. «Susi» dürfte den neuen St.Galler Mittelfeldmotor nicht kennen, dennoch passen Zorcs Worte wie angegossen.

Bereits im ersten Interview legte der Kongo-Schweizer Wert darauf, dass es nicht um ihn als Person gehe, sondern um die Mannschaft. Er wolle mit seiner kämpferischen Leistung als Beispiel vorausgehen, sagt der 1,71 Meter grosse Mittelfeldspieler. Und dass der 25-Jährige nicht so rasch aufgibt, nimmt man ihm ab, hat er dies auf und neben dem Platz schon häufig bewiesen.

Im Kongo geboren

Nzuzi Bundebele Toko, wie er mit vollständigem Namen heisst, musste früh kämpfen. Er verbringt die ersten Lebensjahre in Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo. Sein Vorname Tzozi bedeutet Zwilling, die mit ihm geborene Schwester stirbt aber bald nach der Geburt. Als im afrikanischen Staat wieder ein Bürgerkrieg tobt, flieht die Familie mit den sechs Kindern in die Schweiz. Und seiner neuen Heimat ist das ehemalige Flüchtlingskind dankbar. «Das war unser grösstes Glück. Es gibt kein besseres Land, um darin zu leben, als die Schweiz», sagt er in einem Interview mit dem «Tagblatt der Stadt Zürich».

Dem Land der Eltern bleibt Toko dennoch verbunden. Zunächst absolviert er 13 Spiele für die Schweizer U21-Nationalmannschaft, entscheidet sich 2010 aber für den Kongo. Seither hat er sechs Länderspiele für den zentralafrikanischen Staat bestritten.

Cupsieger mit GC

Als Fussballer hat Toko Höhen und Tiefen, Triumphe und Niederlagen erlebt. Er durchläuft fast die gesamte Nachwuchsabteilung bei GC und debütiert als 17-Jähriger in der Super League. Mit 19 gelingt ihm unter Ciriaco Sforza der Durchbruch. Bald folgt aber der erste Dämpfer: GC steckt in grossen finanziellen Schwierigkeiten, auch auf dem Platz macht sich dies bemerkbar. Diese schwere Phase prägt ihn. «Sie hat mich mental gestärkt», erzählt er einmal dem «Tagblatt der Stadt Zürich».

Mit den Zürchern folgt 2013 folgt der grosse Triumph. GC gewinnt in einem dramatischen Spiel gegen Basel den Schweizer Cup. Obwohl Toko im Endspiel erst spät eingewechselt wird, haben ihn ausländische Mannschaften im Visier. Im Sommer 2014 wagt er den Sprung nach England. Bei Brighton, in der zweithöchsten Liga, läuft es ihm aber nicht rund, obwohl der englische Fussball gut zum kampfbetonten Stil des Mittelfeldspielers passt. Verletzungen und ein Trainerwechsel werfen ihn zurück.

Kein Lohn mehr in der Türkei

Anfang 2015 wechselt Toko in die türkische Süper Lig. Er folgt seinem Ex-GC-Trainer Michael Skibbe zu Eskişehirspor. Sportlich passt alles, er wird gar der Lieblingsspieler des Bürgermeisters. Doch nachdem er sechs Monate keinen Lohn mehr gesehen hat, muss er die Reissleine ziehen. Er kündigt und kehrt in die Schweiz zurück.

Seit Anfang Juni trägt er nun das Trikot der Espen. Und er bringt alles mit, um der lang vermisste Führungsspieler beim FCSG im Sinne eines Zorc' zu sein.

(red.)

 

veröffentlicht: 21. Juli 2016 12:29
aktualisiert: 21. Juli 2016 12:33

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