Deadpool gibt's bald in harmlos

21.11.2018, 11:58 Uhr
· Online seit 20.11.2018, 13:20 Uhr
Deadpool ist vieles. Ein (Anti-)Held, ein brutaler Mörder mit Sprüchen kilometerweit unterhalb der Gürtellinie, ein entstellter Sadist, der sich selbst verabscheut - aber eines ist er ganz bestimmt nicht: für Kinder geeignet. Genau das soll sich ändern.
Christoph Thurnherr
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«Überraschung: Das ist eine andere Superhelden-Geschichte! Um sie richtig zu erzählen, müssen wir zurück, bevor ich meinen Arsch in ein Ganzkörper-Kondom gepresst habe», so leitet Deadpool selbst den ersten seiner mittlerweile zwei Filme ein. Oder besser seiner zweieinhalb Filme - am 12. Dezember 2018 kommt in den USA wieder eine solche «andere Superhelden-Geschichte» ins Kino - oder zumindest eine halbe. Sie nennt sich, weihnachtlich anmutend, «Once Upon A Deadpool». Speziell daran: Diese Version von Deadpool 2 ist komplett jugendfrei, kommt also ohne brutale Gewalt und ohne derbe Schimpfwörter aus. Das ist erstaunlich - denn Deadpool, der grösste Zyniker unter den Marvel-Superhelden, lebt von diesen Stilmitteln.

Einfach nur Geldmacherei?

Der Ruf nach kommerzieller Ausschlachtung wird bei einer Neuauflage dieser Art schnell laut. Das Original von «Deadpool 2» erschien am 17. Mai - also etwa ein halbes Jahr vor der jugendfreien Ausgabe. Und dann wird, salopp formuliert, erst noch alles rausgeschmissen, was den Film ausmacht, um auch noch die Kiddies ins Kino zu locken.

Als wäre der Film noch nicht erfolgreich genug gewesen: In der Schweiz sahen mehr als 200'000 Personen den Streifen im Kino, das reicht für Platz 6 im Kinojahr 2018 (Quelle: procinema.ch). Weltweit spielte «Deadpool 2» hunderte Millionen Franken ein. Aber: «Once Upon A Deadpool» (Deutsch: «Es war einmal ein Deadpool») ist nicht nur ein amputierter Superhelden-Abklatsch, sondern ein eigenständiger Film mit neuer Rahmenhandlung und eigens dafür gedrehten Szenen und bietet auch neue Einblicke für Fans.

Deadpool will mehr sein als ein gewalttätiger Macho

Das Fehlen der angesprochenen Elemente räumt die Bühne frei für das vielleicht wichtigste Teilelement der Deadpool-Filme: den typischen, beissenden Humor. Was Ryan Reynolds in der Hauptrolle an sarkastischen Bemerkungen und Sticheleien raushaut, sorgt für Lachkrämpfe. Trotzdem wirkt das Ganze sympathisch - weil die Selbstironie nie zu kurz kommt. Das wird sich auch in «Once Upon A Deadpool» nicht ändern, wie der Trailer verrät. Fred Savage erklärt Deadpool, dass er die «richtigen» Marvel-Filme besser finde als die von den Fox-Studios umgesetzten Teile. Die seien ein wenig so, wie wenn die Beatles von Nickelback produziert worden wären - es sei noch Musik, klar, aber halt einfach Mist.

Zu behaupten, Deadpool möchte durch eine kindergerechte Ausgabe erwachsen werden, ist übertrieben. Es geht aber in die Richtung: Die zusätzlichen Inhalte müssen konstant so lustig oder zumindest unterhaltsam sein, dass der Wegfall der Splatter- und Schimpfexzesse kompensiert werden kann. Um glaubwürdig zu bleiben, braucht es dabei Humor, der sowohl für Kinder oder Jugendliche, wie auch für erwachsene Fans funktioniert. Das ist ein enormer Spagat - aber Deadpool hat bis jetzt einen recht beweglichen Eindruck hinterlassen. Noch ist nicht klar, ob der Film auch hierzulande in die Kinos kommt.

veröffentlicht: 20. November 2018 13:20
aktualisiert: 21. November 2018 11:58
Quelle: thc

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