Streik

Deshalb könnte es bei deiner Lieblingsserie schon bald zu einer Verzögerung kommen

· Online seit 15.10.2021, 08:27 Uhr
Bei den Film- und Fernsehproduktionen könnte es schon bald zu Verzögerungen kommen. Die Gewerkschaft für die Crews hat einen Streik ab Montag angekündigt, sollte es nicht zu einem neuen Deal für «faire und sichere» Arbeitsbedingungen kommen. Hier gibt es die wichtigsten Fragen und Antworten.
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Wer steckt überhaupt hinter der Streikdrohung?

Die Gewerkschaft International Alliance of Theatrical Stage Employees (IATSE). Sie ist ziemlich mächtig. Rund 60'000 Mitglieder zählen zu ihr, sie vertritt die Rechte der Film- und TV-Crews in ganz Nordamerika.

Was sind das für Leute in der Gewerkschaft?

Das geht über Kameraleute, Bühnenbildner, Schreinerinnen, Haar und Make-up, Animatorinnen und ganz viele weitere. Also fast alle Leute, die nicht auf der Leinwand oder im Fernsehen zu sehen sind, aber für die Produktion unersetzbar sind.

Was will die Gewerkschaft?

Sie hat ein Problem mit den Arbeitsbedingungen. Insbesondere für jene Mitglieder, die eh schon die tiefsten Löhne haben. Gewerkschaftspräsident Matthew Loeb sagte diese Woche gegenüber der Nachrichtenagentur AP: «Wir treten ab Montag in einen Streik, sollten wir keine Einigung für die Ruhe- und Essenspausen und die Bezahlung unserer am schlechtesten bezahlten Mitarbeitenden erzielen.»

Wie konnte es überhaupt soweit kommen?

Einmal mehr ist die Ursache in der Pandemie zu suchen. Die Produktionen standen still. Es wurden kaum mehr Filme und Fernsehserien gedreht und viele dieser Angestellten haben sich neue Karrieren gesucht. Oder sie haben gemerkt, dass sie für ihre wichtige Arbeit schlicht unterbezahlt waren.

Seit ein paar Monaten wird in Nordamerika zwar wieder fleissig gedreht, doch wegen der vielen Kündigungen fehlte überall Personal, diese Lücken wurden mehrheitlich mit mit Billigarbeiterinnen und Billigarbeitern gestopft – häufig ohne faire Verträge.

Ist es wirklich so schlimm, in der Filmindustrie zu arbeiten?

Gewerkschafter erzählen von vielen unbezahlten Überstunden, kaum Essenspausen und wenig Zeit zwischen den Schichten. Vom Lohn könne man kaum leben, viele haben weitere Jobs. Dazu kommt, dass Streamingdienste wie Netflix, Apple und Amazon gemäss älteren Verträgen noch tiefere Löhne zahlen als in der Industrie üblich.

Hä? Die Streamingdienste, die doch so gross sind, zahlen weniger?

Aus einem Grund sind sie so gross geworden. Als die Streamingdienste starteten, bekamen sie als «Anschubhilfe» von den Gewerkschaften eine bevorzugte Behandlung. Sie durften die Verträge ein bisschen flexibler gestalten. Und diese Verträge wurden seither nicht mehr neu verhandelt.

Und die Situation hat sich verschlechtert?

Offenbar. Zumindest sagt Rebecca Rhine, die Chefin der Kameraleute-Gewerkschaft, die Teil der IATSE ist: «Die Bedenken wegen der Gesundheit und der Sicherheit, die unregelmässigen Arbeitseinsätze, die fehlenden Pausen, all das waren früher Ausnahmen, die man halt hingenommen hat. Heute ist es die Norm.» Sie sagt, dass es nicht einfach nur darum gehe, mehr zu verdienen. «Wir sind Menschen und haben ein bisschen Respekt, Würde und Sicherheit verdient.»

Was sagen die Studios dazu?

Jarryd Gonzales, ein Sprecher der Studios, sagt zur Drohkulisse: «Wir haben noch ein paar Tage Zeit, einen Deal zu machen. Die Studios werden weiterhin alles daran setzen, eine Übereinkunft zu erzielen.» Die Alliance of Motion Pictures and Television Producers, also die Gegenseite der Gewerkschaft, meinte in einem Statement, dass «unsere Mitglieder den Wert dieser Mitarbeitenden natürlich kennen».

Was wären die Folgen für die Film- und TV-Industrie?

Ein Streik hätte weitreichende Folgen. Die Arbeit an allen Film- und TV-Sets in Hollywood und weiteren Standorten Nordamerikas würden stillstehen.

Die Gewerkschaft gibt es bereits seit 128 Jahren, doch dies wäre der erste Streik in diesem Ausmass.

So: Was heisst das jetzt für meine Lieblingsserie oder den Film, auf den ich mich schon lange freue?

Ganz einfach: Gibt es bis Montag keine Einigung, kommt es zum Streik. Wie lange dieser andauert, hängt ganz von den weiteren Verhandlungen ab. Aber solange gestreikt wird, wird nicht gedreht. Und so könnte es zu Verzögerungen bei der Produktion kommen. Die Schauspielgewerkschaft hat bereits zwei längere Streiks hinter sich: 1988 und 2007/2008. Damals gab es für rund ein Jahr keine neuen Folgen für Serien mehr, Filme kamen nur spärlich in die Kinos. Ein ähnliches Szenario droht nun ebenfalls.

veröffentlicht: 15. Oktober 2021 08:27
aktualisiert: 15. Oktober 2021 08:27
Quelle: FM1Today

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