Innere Uhr wird gestört

Darum wirft dich die Zeitumstellung aus der Bahn

· Online seit 25.10.2022, 05:49 Uhr
Am 30. Oktober werden die Uhren wieder eine Stunde zurückgestellt und es wird früher dunkel. Die Zeitumstellungen können uns Menschen nachweislich negativ beeinflussen. Wir haben nachgefragt, wieso das so ist und was man dagegen tun kann.
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Zweimal im Jahr drehen wir an der Uhr. Am letzten Sonntag im März werden die Uhren eine Stunde nach vorne gestellt. Am letzten Sonntag im Oktober werden die Uhren eine Stunde zurückgestellt. Die Konsequenz: Im Sommer ist es morgens später und dafür abends länger hell und im Winter ist es morgens früher hell, dafür abends auch schneller dunkel.

Wie sinnvoll diese Massnahme ist, wird schon länger diskutiert. Ursprünglich wurde die Zeitumstellung im Jahr 1980 eingeführt, um Strom zu sparen. Auch heute wieder ein aktuelles Thema. Mittlerweile wurde aber nachgewiesen, dass die Zeitumstellung beim Stromsparen nicht wirklich viel bringt. 2019 hat die EU die Abschaffung beschlossen, der neue Standard soll die Sommerzeit sein. Bis 2026 soll es die Zeitumstellungen allerdings noch geben.

Ersparnisse bei der Energie bringen die Zeitumstellungen also nicht. Dafür können sie sich aber nachweislich negativ auf uns Menschen auswirken. Wie genau, und was wir dagegen tun können, weiss Thomas Egger, Co-Chefarzt Psychosomatik und Psychiatrie in der Klinik Gais.

Wie wirken sich die Zeitumstellungen auf uns aus?

Thomas Egger: Untersuchungen und Studien haben gezeigt, dass die Zeitumstellungen die inneren Uhren der Menschen durcheinander bringen. Schlappheit, Müdigkeit und Gereiztheit sind häufige Symptome. Das Gros klagt auch über Einschlafprobleme, Schlafstörungen und depressive Phasen.

Dabei ist die Zeitumstellung im Frühling etwas heikler als die im Herbst. Weil es morgens später dämmert, muss man im Dunkeln aufstehen. Da sich der Körper dann noch im «Nachtmodus» befindet, kann das Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System haben. In der Medizin spricht man von einem «Mini-Jetlag».

Warum ist die Sommerzeit heikler?

In einer Studie konnte man nachweisen, dass die Zeitumstellung im Frühling grössere «Nebenwirkungen» mit sich bringt. In Singapur untersuchte man, was die Arbeitnehmer nach der Zeitumstellung machen. Man konnte feststellen, dass viel mehr im Internet gesurft wird als gearbeitet. Im Strassenverkehr hat man festgestellt, dass die Verkehrsunfallrate um 6 Prozent steigt. Das gilt auch für die Medizin. Man hat festgestellt, dass Ärzte unkonzentrierter waren. Ausserdem konnte nachgewiesen werden, dass das Risiko für einen Herzinfarkt nach der Umstellung erhöht ist.

Einen kurzfristigen Schlafmangel können die meisten Leute gut kompensieren. Trotzdem gibt es durchaus Leute, denen ein Mangel etwas länger zu schaffen macht. Das kann die Auswirkungen verstärken.

Was weiss man über die innere Uhr?

Es gibt verschiedene sogenannte Chronotypen. Bei Morgenmenschen sprechen wir von Lerchen und bei Nachtmenschen von Eulen. Der typische Morgenmensch steht gerne früh auf und ist abends schneller müde. Die Eule hingegen wird erst abends so richtig munter. In der Forschung hat man herausgefunden, dass es genetisch bedingt ist, ob man ein Morgen- oder Nachtmensch ist. Einen anderen Chronotypen kann man sich nicht antrainieren, jedoch kann er sich im Verlauf des Lebens ändern.

Der Biorhythmus ist wie ein Regelkreislauf zu verstehen. Die Tageszeit wird, vor allem durch das Licht, vom Körper erkannt. Über den Sehnerv gelangt die Information ins Hirn, wo das schlafanstossende Hormon Melatonin ausgeschüttet wird, sobald es dunkel ist. Das steuert nicht nur die innere Uhr, sondern auch den Schlaf-Wach-Rhythmus sowie das Herz-Kreislauf-System. Wer sich nach seinem Rhythmus richtet, tut sich gesundheitlich einen Gefallen.

Wie kann ich die Auswirkungen möglichst gering halten?

Grundsätzlich hilft es immer, wenn man seine Strukturen beibehält. Ach die Essenszeiten haben einen Einfluss auf die innere Uhr. Wer eher Mühe mit der Winterzeit und dem fehlenden Licht hat, sollte versuchen, möglichst am Morgen an die frische Luft und ans Licht zu gehen. Frische Luft und Bewegung helfen dabei, die innere Uhr zu synchronisieren.

Um die Auswirkungen abzudämpfen, kann man versuchen, den Übergang in die Winterzeit langsamer zu gestalten. Zum Beispiel kann man während einer Woche jeden Tag 10 Minuten später ins Bett gehen als sonst. Das hilft dabei, den Schlaf-Wach-Rhythmus langsam zu verschieben. Wem das zu langwierig ist, kann auch am Freitag und Samstag vor der Zeitumstellung eine halbe Stunde später ins Bett gehen.

Ausserdem sollte man vor der Zeitumstellung die Ernährung im Blick haben. Am Vorabend auf fettige und schwere Mahlzeiten sowie Alkohol zu verzichten, beugt Verdauungsproblemen vor und entlastet den Körper.

Die Politik fordert eine «ewige Sommerzeit». Wie sinnvoll ist das?

Die Politik sieht das etwas anders als die Medizin. Schlafmediziner würden sich deutlich für eine anhaltende Winterzeit aussprechen. Wir haben vorhin über die gesundhetlichen Auswirkungen gesprochen. Das wäre in der Winterzeit eher weniger der Fall, weil sie mit unserer inneren Uhr besser übereinstimmt und es so zu weniger Turbulenzen kommt.

veröffentlicht: 25. Oktober 2022 05:49
aktualisiert: 25. Oktober 2022 05:49
Quelle: FM1Today

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