Das Fernsehen recycelt sich selbst

27.10.2015, 09:40 Uhr
· Online seit 25.10.2015, 10:46 Uhr
Das amerikanische Fernsehen hat dem Kino in punkto Originalität in den vergangenen Jahren den Rang abgelaufen. Doch neuerdings grassiert unter den Fernsehproduzenten ein ähnlicher Virus wie bei den Filmstudios: Es werden munter erfolgreiche Formate von früher recycelt und man versucht verzweifelt, alte Erfolge wiederzubeleben. Und nichts ist den Fernsehmachern dabei heilig.
Christoph Fust
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24

Die revolutionäre Echtzeit-Serie «24» hat 2014 (nur vier Jahre nach Serienende) eine sogenannte «limited event television series» oder kurz Miniserie nach sich gezogen. Niemand hatte grosse Erwartungen an «24: Live Another Day». Doch überraschenderweise konnte die Neuauflage bei den Kritikern punkten. Die Verantwortlichen beim US-Sender Fox planen mittlerweile bereits die nächste Reinkarnation der Spionage-Reihe. Kiefer Sutherland wird aber laut einem BBC-Interview «definitiv nicht zurückkehren». «24» ohne Jack Bauer - die Verzweiflung der TV-Produzenten muss gross sein.

Akte X

«Die Wahrheit ist irgendwo da draussen.» An dieser Ausgangslage hat sich für die Special Agents Mulder und Scully auch nach neun Staffeln und zwei Kinofilmen nichts geändert. Fox schickt die beiden deshalb wieder in den Einsatz. Verantwortlich für die auf sechs Episoden beschränkte Miniserie zeichnet Chris Carter, der schon die ursprüngliche Serie und beide Filme geschrieben hat. Man kann aber nur hoffen, dass das Revival besser wird, als das letzte Leinwandabenteuer «Akte X - Jenseits der Wahrheit», welches von den Kritikern verrissen wurde. David Duchovny, der mit «Californication» erfolgreich an seine FBI-Zeit anknüpfen konnte, hat in einem Interview mit "Entertainment Weekly" jedenfalls schon sein Interesse an weiteren Alien-Abenteuern bekundet: «Wir bringen die Serie bestimmt nicht mit der Idee zurück, sie wieder zu beenden.»

Trailer:

Das A-Team

Die Fernsehmacher schrecken vor nichts zurück: Laut dem Onlineportal Deadline will Fox die Geschichten rund um das legendäre A-Team aufwärmen. Im Sinne der Gleichberechtigung soll das neue A-Team gleichermassen aus männlichen und weiblichen Mitgliedern bestehen, anders als die gefloppte Kinoadaption aus dem Jahr 2010. «Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert», damit hat Hannibal bestimmt nicht die Pläne von Fox gemeint.

Der Prinz von Bel-Air

Darauf hat nun wirklich niemand gewartet: Mitte August haben mehrere Online-Portal berichtet, dass auch «Der Prinz von Bel-Air» nicht von einem Reboot verschont bleibt. Als ausführender Produzent wird Will Smith verantwortlich sein. Noch ist nicht klar, auf welchem Sender die Serie laufen wird und wer für die Hauptrolle vorgesehen ist. Nach der Vater-Sohn-Produktion «After Earth» hoffen wir, dass es nicht Smiths Sohn Jaden sein wird.

Ein seltsames Paar (The Odd Couple)

Matthew Perry, bekannt als Chandler Bing aus «Friends» versuchte es nach Abschluss der erfolgreichen Serie bereits mit drei neuen Sitcoms. Zwei davon floppten («Mr. Sunshine» und «Go On»), die dritte («The Odd Couple») ist eine Neuauflage der erfolgreichen 60er-Komödie «Ein seltsames Paar» mit Walter Matthau und Jack Lemmon und einer zugehörigen Serie. Die Geschichte handelt vom Sauberkeitsfanatiker Felix und dessen chaotischen WG-Gefährten Oscar. Obwohl Perrys Neuauflage weder Kritiker noch Zuschauer begeistern kann, wurde «The Odd Couple» um eine zweite Staffel verlängert. Trotzdem: Die Luft scheint draussen zu sein.

Full House

Acht Staffeln lang entzückten uns Ashley und Mary-Kate Olsen als süsse Michelle, Jüngste der gutherzigen Familie Tanner in San Francisco. Der Streamingdienst Netflix produziert zehn Jahre nach dem Ende der Familien-Sitcom die Fortsetzung «Fuller House». Vorerst sind 13 Folgen geplant, die 2016 veröffentlicht werden sollen. Die Geschichte dreht sich um die nun erwachsene D.J. Tanner und ihren Nachwuchs. Die meisten Hauptdarsteller der ursprünglichen Serie werden wieder mit von der Partie sein. Ob allerdings die Olsen-Twins auch wieder in ihre berühmteste Rolle schlüpfen werden, ist noch offen.

Gilmore Girls

Rory soll sich schon bald wieder Wortgefechte mit ihrer Mutter Lorelai liefern. Bekannt geworden ist die Serie von 2000 bis 2007 durch ihre schnellen Dialoge, und das dürfte auch das Rezept für die Neuauflage sein. Auch hier ist Netflix am Werk. Der Streaming-Dienst hat die Verhandlungen mit den Darstellern der Serie aufgenommen. Fest steht momentan aber lediglich, dass die Serienschöpferin Amy Sherman-Palladino und deren Mann und Produzent Daniel Palladino wieder mit an Bord sein werden. Geplant sind vier 90-minütige Mini-Filme. Die Devise lautet folglich: «Das Leben ist kurz, also redet schnell.»

Heroes

Sie war bahnbrechend, als sie 2006 erstmals über den Bildschirm flimmerte: die Superhelden-Saga «Heroes». Doch schon während der zweiten Staffel zeigte das Format Abnutzungserscheinungen, verstrickte sich immer mehr in den komplizierten Zeitsprüngen. 2010 zogen die Produzenten nach vier Staffeln den Stecker. Seit September wird nun die fünfte Staffel als Miniserie unter dem Namen «Heroes Reborn» ausgestrahlt. Die ersten Kritiken zeigen: Die Luft ist draussen. Ob man nun fünf Jahre wartet mit der Fortsetzung ändert wenig daran.

Trailer:

MacGyver

Nur wenige kennen seinen Vornamen, doch alle wissen, wer er ist: Angus MacGyver! Das Vorbild von kleinen und grossen Buben war der 80er-Fernsehheld schlechthin, den sogar unsere Mütter kannten. Seine gewaltlose und trickreiche Art, die Fälle der Phoenix Foundation zu lösen, begeisterten uns sieben Staffeln lang und MacGyver hat das Schweizer Messer weltweit bekannt gemacht. Und nun möchte CBS der Reihe neues Leben einhauchen. Die Geschichte soll sich um einen zehn Jahre jüngeren Titelhelden drehen. Doch auch wenn CBS die besten Drehbuchautoren mit ins Boot holt, es gibt ein Problem: Es kann nur einen MacGyver geben, und zwar Richard Dean Anderson. Diesen Reboot finden wir deshalb ziemlich unnötig.

Prison Break

Der Intervall, in dem abgesetzte TV-Serien wiederbelebt werden, wird immer kürzer. Schon folgendes Jahr soll die 2009 beendete Ausbruchs-Serie «Prison Break» generalüberholt werden. Wieder mit dabei sind die beiden Hauptdarsteller Wentworth Miller und Dominic Purcell. Fox hat eine auf zehn Folgen limitierte Serie bestellt. Die Produzenten möchten einige Fragen beantworten, welche die Serie offen gelassen hat. Die Frage ist nur, ob das heute noch jemanden interessiert.

Twin Peaks

Für einen Nostalgieschub der anderen Art soll die Fortsetzung von «Twin Peaks» sorgen. Grossmeister David Lynch wird seine Finger zwar nicht im Spiel haben, offenbar wegen Budgetdifferenzen mit den Produzenten. Eine Vielzahl der Schauspieler von damals haben aber zugesagt, die Geschichte in der mysteriösen Kleinstadt Twin Peaks weiterzuführen. Allen voran selbstverständlich Kyle MacLachlan in seiner Rolle als Special Agent Dale Cooper. Die Handlung wird 25 Jahre nach den Vorkommnissen der Originalserie stattfinden, also in der Gegenwart. Ursprünglich sollte es nächstes Jahr zum Wiedersehen mit den Bewohnern von Twin Peaks kommen, doch der Termin für die Ausstrahlung scheint sich auf 2017 zu verschieben.

Xena - Die Kriegerprinzessin

2016 soll Xena wieder ihre Axt im Fernsehen schwingen. NBC teilte im Juli mit, dass ein Reboot des «Hercules»-Ablegers in Arbeit sei. Schauspielerin Lucy Lawless, welche Xena im Original verkörpert hat, dementierte die Pläne einen Tag später per Twitter. Doch die Produzenten scheinen auch ohne Lawless' Beteiligung weiterzumachen. Immerhin scheinen die Verantwortlichen keine Pläne für ein «Hercules»-Remake zu haben - zumindest bis jetzt.

Top oder Flop?

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Aus Filmen werden Serien

Der Ideenmangel der Fernsehsender zeigt sich auch darin, dass momentan zahlreiche erfolgreiche Filme als TV-Version adaptiert werden.

96 Hours (Taken)

Ja, richtig gelesen! Obwohl die drei Filme der «Taken»-Reihe eigentlich bereits eine Serie in sich bilden, soll das Spektakel  am Fernsehen weitergehen. NBC hat im September eine Serie in Auftrag gegeben, welche die Vorgeschichte von Bryan Mills beleuchten soll. In den Filmen wurde dieser bekanntermassen von Liam Neeson gespielt. Seine Charakterzüge beschränkten sich dabei auf Rache schwören und grimmig dreinschauen. Ob am Fernsehen wider Erwarten mehr drinliegt, ist zu bezweifeln.

Die Hochzeit meines besten Freundes

Dass so ziemlich aus jedem Film eine Serie gebastelt werden kann, zeigen die Pläne des US-Senders ABC. Die romantische 90er-Komödie «Die Hochzeit meines besten Freundes» soll eine TV-Fortsetzung erhalten. Die Handlung soll da einsetzen, wo der Film aufhört und sich auf das Leben von Jullianne Potter (im Film charmant gespielt von Julia Roberts) konzentrieren. Offen ist, ob die Handlung ebenfalls im Jahr 1997 angesiedelt wird oder in die Gegenwart verlegt wird. Noch unnötiger als die Serie ist nur noch ein chinesisches Remake des Films, welches auf 2016 angesetzt ist.

Eiskalte Engel

Wie das Portal «Deadline» berichtet, soll NBC den Kultfilm «Eiskalte Engel» mit Sarah Michelle Gellar, Ryan Phillippe und Reese Witherspon aus dem Jahr 1999 zur Serie verwursten. Die Filmversion des Romans «Gefährliche Liebschaften» war damals unter Kritikern umstritten, spielte aber das Produktionsbudget an den Kinokassen überraschenderweise siebenfach ein. Unweigerlich mit den Intrigen der New Yorker Upperclass-Kids verbunden ist seither der Titelsong «Bitter Sweet Symphony» von The Verve. Eine unautorisierte Musical-Version von «Eiskalte Engel» wurde im vergangenen Mai 38 Mal aufgeführt und war immer restlos ausverkauft. Ob der geplanten Serie derselbe Erfolg beschieden ist, bleibt abzuwarten.

Wie ein einziger Tag (The Notebook)

Über die Verfilmungen der Nicholas-Sparks-Romane lässt sich streiten. Zu den besseren zählt «Wie ein einziger Tag» auf jeden Fall. Noah (Ryan Gosling) und Allie (Rachel McAdams) verlieben sich, als sie noch Teenager sind. Der Zweite Weltkrieg trennt das Paar, erst nach Jahren sehen sich die beiden wieder. Allie erkrankt schliesslich an Alzheimer und Noah versucht, in ihren wachen Momenten, die gemeinsamen Erinnerungen aufleben zu lassen. "Cineman" attestiert dem Film einen hohen «Schneuzfaktor». Die Serienpläne, welche der US-Sender CW nun hegt, haben unserer Meinung nach einen hohen «Speuzfaktor».

Die Liste wäre noch lange nicht fertig. Hier noch einige weitere geplante TV-Remakes:

  • Hänsel und Gretel: Hexenjäger
  • Im Fadenkreuz - Allein gegen alle
  • In The Line Of Fire - Die zweite Chance
  • Jack Ryan
  • Lethal Weapon - Zwei stahlharte Profis
  • R.E.D. - Älter, Härter, Besser
  • Trainig Day

Auf welche TV-Versionen kannst du verzichten, auf welche hast du gewartet?

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veröffentlicht: 25. Oktober 2015 10:46
aktualisiert: 27. Oktober 2015 09:40
Quelle: chf

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