Erblindung

Lausanner Forscher optimieren Netzhautimplantat

05.03.2021, 14:18 Uhr
· Online seit 05.03.2021, 14:15 Uhr
Wissenschaftler an der ETH Lausanne (EPFL) haben ein neuartiges Netzhautimplantat für Menschen entwickelt, die durch den Verlust von Photorezeptorzellen in ihrer Netzhaut erblindet sind. Das Implantat stellt ihr Gesichtsfeld teilweise wieder her.
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Zwei bis vier Millionen der 32 Millionen Blinden weltweit verdanken ihren Zustand dem Verlust von lichtempfindlichen Zellen in ihrer Netzhaut. Die vielversprechendste Behandlung für diese Art von Blindheit ist ein Netzhautimplantat, das Elektroden enthält, die die Netzhautzellen elektrisch stimulieren. Bisherige Implantate ermöglichen aber nur ein Gesichtsfeld von 20 Grad. EPFL-Forscher erreichen aber mit ihrer Variante ein Gesichtsfeld von 46 Grad.

Die Träger von herkömmlichen Implantaten «gelten immer noch als gesetzlich blind», sagt Diego Ghezzi, der den Medtronic-Lehrstuhl für Neuroengineering (LNE) an der School of Engineering der EPFL innehat. «Um ein ‹normales› Leben führen zu können, muss der Implantat-Träger ein Gesichtsfeld von mindestens 40 Grad wiedererlangen.»

Die LNE-Forscher haben ein bahnbrechendes, kabelloses Implantat entwickelt, das aus einem hochflexiblen und biegsamen Material besteht und photovoltaische Pixel enthält. Es soll dem Träger ein Gesichtsfeld von 46 Grad und eine deutlich bessere Auflösung bieten. Diese Ergebnisse wurden kürzlich in «Nature Communications» veröffentlicht.

Grössere Fläche - mehr Pixel

Die derzeit verfügbaren Netzhautimplantate bestehen aus einem Gitter von Elektroden, die direkt auf der Netzhaut platziert werden. Die Implantate sind mit einer Brille und einer Kamera sowie mit einem tragbaren Mikrocomputer verkabelt. Die Kamera nimmt Bilder auf, die in das Sichtfeld des Implantats gelangen, und sendet sie an den Computer, der sie in elektrische Signale umwandelt, die er an die Elektroden weiterleitet.

Die Elektroden stimulieren die retinalen Ganglienzellen basierend auf den im Sichtfeld erkannten Lichtmustern. Der Implantant muss dann lernen, die eingehenden visuellen Eindrücke zu interpretieren, um die Bilder zu «sehen». Je zahlreicher und detaillierter die Muster sind, desto einfacher ist es für den Träger, sie zu erkennen.

Das Implantat der EPFL kommt ohne Drähte aus. Es hat auch eine grössere Oberfläche, die das Gesichtsfeld verbreitern und die Bildqualität verbessern soll. Die grössere Fläche bedeutet auch, dass mehr Netzhautzellen durch die Photovoltaik-Pixel stimuliert werden.

Keine grossen Einschnitte, keine Kabel

Damit die Schnitte bei der Implantation der Linse möglichst klein gehalten werden können, haben die LNE-Forscher ein flexibles, faltbares Polymer verwendet.

Statt auf Elektroden und Kabel setzen sie ausserdem auf solarbetriebenen Pixel, die selbst einen elektrischen Strom erzeugen und keine externe Energiequelle benötigen. Da sie weniger Platz einnehmen als Elektroden, können sie dichter angeordnet werden, was die Sehschärfe erheblich verbessert.

*Fachartikellink https://doi.org/10.1038/s41467-018-03386-7

Video: https://youtu.be/ZURkvJOG4m4

veröffentlicht: 5. März 2021 14:15
aktualisiert: 5. März 2021 14:18
Quelle: sda

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