Mehr Aufklärung über Social Freezing

28.03.2019, 12:31 Uhr
· Online seit 28.03.2019, 12:00 Uhr
Eizellen einfrieren lassen, um auch in höherem Alter noch Kinder zu bekommen: Social Freezing bietet Frauen mehr Flexibilität, birgt aber auch Risiken. Die Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung hat Nutzen und Risiken des Verfahrens zusammengefasst.
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Vor rund fünf Jahren machte «Social Freezing» Schlagzeilen, als Apple und Facebook bekanntgaben, ihren Mitarbeiterinnen das Verfahren zu bezahlen, damit sie Beruf und Familienplanung besser vereinbaren könnten.

Die Karriere ist für Frauen aber nicht der ausschlaggebende Beweggrund, Eizellen einfrieren zu lassen, hält die Stiftung TA-Swiss in einem Bericht fest. Vielmehr geben viele an, den passenden Partner noch nicht gefunden zu haben, sich noch nicht bereit für Kinder zu fühlen, oder sich absichern zu wollen für den Fall, unfruchtbar zu werden.

Beim «Social Freezing» stimulieren Mediziner die Eizell-Produktion der Frau mit Hormonen, um möglichst mehrere Eizellen gleichzeitig reifen zu lassen und zu entnehmen. Die Eizellen werden dann tiefgefroren und eingelagert. Zu einem späteren Zeitpunkt können sie mit Spermien des Wunschvaters in vitro befruchtet, und die Embryos der Frau eingepflanzt werden.

Idealerweise sollte die Entnahme der Eizellen vor dem 35. Lebensjahr stattfinden. Allerdings sind Interessentinnen eher über 35, schreibt die TA-Swiss. Ausserdem werden häufig weniger Eizellen eingelagert als für eine realistische Aussicht auf ein Kind empfohlen wird - teils aus Kostengründen, teils aufgrund der Nebenwirkungen der Hormonbehandlung.

Frauen machen sich somit möglicherweise falsche Hoffnungen und investieren viel Geld in ein Verfahren mit unklaren Erfolgschancen. Pro Stimulationszyklus schlägt das Verfahren mit 3000 bis 6000 Franken zu Buche, plus 200 bis 300 Franken pro Jahr für die Lagerung. Bei Frauen unter 35 Jahren braucht es meist ein bis zwei Stimulationszyklen, um ausreichend Eizellen für eine Geburtschance von 60 bis 80 Prozent zu gewinnen.

Überdies werde in der Öffentlichkeit bisher kaum über medizinische Risiken des Verfahrens diskutiert, hält der Bericht fest. Zum einen ist künstliche Befruchtung, die beim Social Freezing unumgänglich ist, mit einem erhöhten Risiko für eine Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht und Fehlbildungen des Kindes verbunden.

Es besteht zudem zumindest ein Anfangsverdacht, dass In-vitro-Fertilisation das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen der so gezeugten Kinder erhöht. Auch für die Frau ist eine Schwangerschaft und Geburt in höherem Alter mit gesteigerten Risiken für Komplikationen verbunden.

An dem Verfahren interessierte Frauen sollten umfassend informiert werden, lautet eine der Empfehlungen der TA-Swiss. Zudem sollten die Risiken besser erforscht und mehr statistische Daten dazu gesammelt werden.

Der Bericht vergleicht ausserdem die rechtlichen Rahmenbedingungen der Schweiz mit sieben anderen europäischen Ländern. In der Schweiz gilt eine Begrenzung der Lagerung auf zehn Jahre, danach werden die gelagerten Eizellen vernichtet. Nur Belgien handhabt dies ähnlich wie die Schweiz, in den anderen untersuchten Ländern herrscht hingegen eine Altersgrenze für das Einsetzen der künstlich befruchteten Eizellen.

Die TA-Swiss empfiehlt, den rechtlichen Rahmen in der Schweiz anzupassen, die Aufbewahrungsfrist abzuschaffen und stattdessen eine Altersgrenze von 45 Jahren einzuführen. Für die Aufbewahrungsfrist gebe es keine medizinischen Gründe, für die Altersgrenze hingegen schon, hiess es im Bericht. Ausnahmeregeln für die Altersgrenze seien jedoch vorstellbar.

https://www.ta-swiss.ch/projekte-undpublikationen/biotechnologie-und-medizin/social-freezing/

veröffentlicht: 28. März 2019 12:00
aktualisiert: 28. März 2019 12:31
Quelle: SDA

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