«Normalen Nutzern bringt 5G nichts»

· Online seit 22.02.2018, 11:48 Uhr
Die Swisscom hat angekündigt, 5G noch in diesem Jahr einzuführen. Kann ich von der Technologie profitieren? Und muss ich dafür ein neues Smartphone anschaffen? Wir haben bei einem Telecom-Experten nachgefragt.
Laurien Gschwend
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«5G ist die Grundlage für die Digitalisierung in der Schweiz», sagt Swisscom-Netzchef Heinz Herren am Donnerstag im Interview mit «Tages-Anzeiger». Und gibt bekannt: «Swisscom zieht den Termin vor und plant, 5G in der Schweiz bereits im vierten Quartal 2018 punktuell auszurollen.» Bislang ging die Telecomanbieterin von 2020 aus.

Welchen Vorteil das schnelle 5G-Mobilfunknetz für den durchschnittlichen User hat, erklärt Jean-Claude Frick, Digital- und Telecom-Experte beim Schweizer Vergleichsportal comparis.ch.

Jean-Claude Frick, die Swisscom hat vor, ihr Netz noch in diesem Jahr für 5G bereit zu machen. Was ändert sich für mich als durchschnittlicher Nutzer?

Im ersten Moment ändert sich überhaupt nichts. Das liegt daran, dass es für 5G neue Endgeräte braucht. Für die Swisscom wiederum ist es sehr wichtig, das einmal zu testen - 5G zu einem Zeitpunkt einzuführen, zu welchem nicht schon hunderte oder tausende Kunden drauf sind.

Ich müsste mir also ein neues Smartphone kaufen, um das neue Netz nutzen zu können? 

Ja, das ist so. Die jetzigen Smartphones, die im Einsatz sind, können nicht «5G». 5G bewegt sich auf anderen Frequenzen. Man kann sich das vorstellen wie bei einem Radiogerät, das nicht die richtige Frequenz hat und Sender nicht empfangen kann. Genau so ist es beim Smartphone. 5G ist kein Netzwerk, das wir im Moment unbedingt brauchen, da die heutigen Smartphones schon sehr schnell surfen können. In Zukunft wird es aber extrem wichtig, es zu haben.

Was kann 5G, das 4G noch nicht konnte?

5G ist einerseits viel, viel schneller. Das kann nützlich sein, wenn man surfen oder einen Film herunterladen möchte. Oder man kann es benutzen, um zu Hause einen Internetanschluss einzurichten, der über den Mobilfunk funktioniert, zum Beispiel in einer Ferienwohnung.

Auf der anderen Seite ist 5G vor allem deshalb wertvoll, weil es eine extrem tiefe Latenz hat. Man kennt das vom Surfen auf dem Smartphone - man tippt etwas ein, drückt «okay», und es dauert eine gewisse Zeit, bis die Webseite bei einem ankommt. Vor allem in Bezug auf selbstfahrende Autos ist es wichtig, dass diese Latenz kleiner wird. Das vorderste Auto kann eine kilometerweit entfernten Fahrzeug so einen Stau durchgeben, den es gerade erreicht hat. Auch auf Bahnstrecken soll das Internet schneller werden.

Wie lange dauert es, bis 5G tatsächlich genutzt wird?

5G wird etwa in den nächsten drei bis fünf Jahren genutzt. In Europa oder auch in den USA gibt es derzeit noch keine 5G-Netze, die im Regelbetrieb sind. Und vor allem: Es gibt noch keine Geräte. Apple, Samsung - und wie sie alle heissen - müssen zuerst 5G-fähige Smartphones mit entsprechenden Chips und Antennen bauen. In Asien, vor allem in Südkorea, ist man schon etwas weiter.

Übernimmt die Schweiz in Bezug auf 5G eine Vorreiterrolle? 

Ja, ganz klar. Wenn die Swisscom es schafft, das Netz in diesem Jahr zum Laufen zu bringen, ist die Schweiz mal ganz vorne dabei. Es wird allerdings so sein, dass es das 5G-Netz am Anfang nur in Städten und gewissen Regionen geben wird. Das ist gleich wie beim 4G- oder dem 3G-Netz zuvor auch. Mit der Zeit wird das Netz über die gesamte Schweiz gespannt.

Alles wird schneller und besser. Ist das teurer für die Kunden?

Im Moment lässt sich noch nicht genau abschätzen, welche Abomodelle auf dem 5G-Netz gemacht werden. Schneller zu surfen, verbraucht natürlich viel mehr Daten. Gerade zu Beginn ist mit Zuschlägen für 5G zu rechnen. Es kommt ganz auf die Services der einzelnen Provider an.

Die Netze werden jeweils parallel betrieben, deshalb können die heutigen Smartphones noch etwa zehn Jahre genutzt und müssen nicht gleich durch ein teureres Modell ersetzt werden.

Welches Fazit ziehen Sie: Können sich normale Smartphone-Nutzer auf 5G freuen? 

Für die Schweizer Infrastruktur ist 5G sehr wichtig. Endnutzer, die Whatsapp-Nachrichten schreiben und Bilder auf Social Media verbreiten, haben aber nichts von 5G.

veröffentlicht: 22. Februar 2018 11:48
aktualisiert: 22. Februar 2018 11:48

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