Quelle: FM1Today / TVO
Wenn Frauen in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher sind, wenn sie der Gewalt von Ehepartnern ausgesetzt sind, finden sie im Frauenhaus Schutz. Der Standort ist geheim, zum Schutz der betroffenen Frauen. In der TVO-Sendung «Im Zug mit...» spricht die Geschäftsführerin Sylvia Vetsch über die tägliche Arbeit im Frauenhaus St.Gallen.
Frau Vetsch, was macht das Frauenhaus eigentlich?
Wir bieten Schutz, Unterkunft, Beratung und Begleitung für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder. Das heisst, dass Frauen und Kinder in einer ziemlichen Krise sind, wenn sie bei uns eintreten. Und das wird oft unterschätzt. Sie lassen ein Stück weit ihr bisheriges Leben zurück, verlassen den Wohnort. Da gibt es einen Bruch. Dieser Bruch hat oft damit zu tun, was vorher passierte. Meistens gab es zuvor eine Eskalation oder es steht eine bevor. Dann geht es zuerst um die Stabilisierung der Frauen.
Wie geht es für die Frauen weiter? Gibt es auch Frauen, die dann wieder zurück zum gewalttätigen Mann gehen?
Es gibt einen kleinen Teil, der wieder zurückgeht. Aber dieser Teil ist wirklich klein. Rund 70 bis 80 Prozent der Frauen, die bei uns waren, fangen ein neues Leben an und ziehen in eine andere Wohnung. Entscheidet man sich dazu, in ein Frauenhaus zu gehen, ist der Gedanke an eine Trennung oft schon weit fortgeschritten. Es gibt auch Frauen, die in ihre alte Wohnung zurückgehen. Diese ist aber oft vorbelastet mit Erinnerungen an die Gewalt.
Sie sagen, dass Sie die Frauen oft in einem schlechten Zustand antreffen, wenn sie ins Frauenhaus kommen. Wie gehen Sie mit einer solchen schwierigen Situation um?
Am Anfang sind die Gespräche sehr wichtig, welche die Betreuerinnen führen. Für die Kinder gibt es eine Kinderbetreuung. Da können sie wieder Kind sein, spielen, lachen, spazieren gehen. Manchmal entstehen auch Freundschaften, auch zwischen den Bewohnerinnen. Bei uns sind sie alle geschützt, das stabilisiert schon ziemlich stark.
Diese Momente scheinen ziemlich belastend – was hält Sie trotzdem am Beruf fest?
Das wurde ich vor einigen Jahren schon einmal gefragt: Da hatten wir einen Fall, wo eine Frau, die bei uns in der Beratung war, von ihrem Partner getötet wurde. Dann habe ich gesagt: Wir haben auch einen emanzipatorischen Auftrag. Frauen, die wir unterstützen, emanzipieren sich ein Stück weit. Sie entscheiden sich für ein Leben ohne Gewalt. Das ist der schöne Teil meiner Arbeit, wenn es uns gelingt, eine Situation zu deeskalieren, so dass die Frauen ein neues Leben beginnen können.
Seit einem Jahr wird das Frauenhaus mehrheitlich vom Kanton finanziert. Sind Sie trotzdem noch auf Spenden angewiesen?
Ja, die sind immer noch wichtig. Viele Frauen müssen sich neu orientieren, brauchen eine neue Wohnung. Das geht vom Bett über das Geschirr bis hin zum Handtuch. Den bisherigen Haushalt kann man oft nicht einfach halbieren. Das kostet pro Haushalt rund 3000 bis 4000 Franken für die Möbel. Plus eine Starthilfe für die ersten paar Tage, damit sich die Frauen auch etwas kaufen können.
Das ganze Interview gibt es hier.
(red.)