Was das «neue Instagram» wirklich kann
«True social» («wahrhaftig sozial») - so preist sich Vero (lat. Wahrheit) selber an. Während es für Blogger und Influencer lange nur eine App gab, und zwar Instagram, haben sie nun die Nase voll von der Foto-Plattform, die seit 2012 Facebook gehört. Zu präsent die Algorithmen, zu unsichtbar ihre Inhalte, für die sie von ihren Auftraggebern Tausende Franken erhalten.
Auf vielen «Insta-Stories» teilen Instagramer derzeit ihre Vero-Accounts und rufen dazu auf, ihnen dort zu folgen. Die App führt in vielen Ländern bereits die Download-Charts an. Sie will eine Mischung aus Instagram, Facebook, Twitter, Spotify und Youtube sein.
Zurück zur Chronologie
Der Billionär Ayman Hariri hat Vero vor zwei Jahren entwickelt, weil er nach eigenen Angaben selber frustriert über die bestehenden Netzwerke und ihre Algorithmen war. Heisst: Wer auf Instagram und Facebook durch seinen Feed scrollt, sieht die Beiträge nicht chronologisch, sondern nach ihrer Relevanz geordnet. Durch diese «Manipulation» werden viele Inhalte, beispielsweise von Freunden aus dem analogen Leben, nicht angezeigt.
Freunde in Kreisen
Ähnlich wie bei Google+ (wer erinnert sich daran?) können Freunde bei Vero in verschiedene Kreise eingeordnet werden. Beim Posten von Bildern, Videos, Links oder Empfehlungen für Musik, Bücher oder Fernsehshows - diese Möglichkeiten gibt es - entscheidet man selber, welchen Freundeskreis der Inhalt erreichen soll.
Abstürze für einige Dollar
So weit, so gut. Leider gibt es auch Nachteile: Vero wird wohl bald nicht mehr kostenlos sein. Laut Medienberichten müssen alle, die nicht zum ersten User-Kontingent gehören, «einige Dollar pro Jahr» für den Dienst bezahlen (Facebook, Instagram und Co. sind nach wie vor gratis). Zudem werden im Zusammenhang mit Vero Abstürze beklagt - die Betreiber wurden vom grossen Ansturm überrumpelt, wie es auf Twitter heisst:
Due to very large traffic, we're experiencing intermittent technical issues.
— Vero (@verotruesocial) February 24, 2018
We're working to resolve them as soon as possible.
Der nicht so soziale Gründer
Weiter scheint Gründer Ayman Hariri nicht gerade der vertrauenswürdigste Mann zu sein. Der Sohn des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten, der 2005 bei einem Attentat getötet wurde, musste letztes Jahr mit seinem Bauunternehmen Insolvenz anmelden. Er soll ausländische Mitarbeitende nicht mehr bezahlt und sie ohne Essen und medizinische Versorgung in Arbeiterwohnungen hinterlassen haben.
Alleine während der vergangenen Tage haben rund eine Million Menschen Vero heruntergeladen. Wer nicht schon wieder einen Social-Media-Account erstellen möchte - und dem Hype um den Instagram-Ersatz noch nicht ganz traut - kann ruhig noch eine Zeit mit dem «Rüberhopsen» warten. Die bestehenden Plattformen werden aller Voraussicht nach bald Anreize schaffen, um ihre User zu halten.