Reklamationen

Australisches Pflegepersonal soll nicht mehr blankziehen dürfen

· Online seit 04.03.2023, 14:56 Uhr
Sollen sich Menschen aus dem Gesundheitswesen auf Plattformen wie OnlyFans zeigen dürfen? Die Frage lässt sich gar nicht so einfach beantworten, wie sich gerade in Australien zeigt.
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Was man auf Social Media teilt, kann (theoretisch) die ganze Welt sehen. Wie weit beeinflusst das die Beziehung zwischen Privatem und Beruflichem? Gerade auch, wenn man sich privat gerne freizügig zeigt?

In Australien wird diese Frage gerade intensiv diskutiert. Der Grund: Eine Mail des Nursing and Midwifery Council of New South Wales (Pflege- und Hebammenrat) an die Angestellten. Darin wird gewarnt, dass man mit privaten Profilen auf OnlyFans, einer Plattform, auf der sich Personen gegen Bezahlung sehr freizügig zeigen, vorsichtig sein soll. Es könne sonst zu «Ablenkungen für die Patientinnen und Patienten» kommen und der Glaubwürdigkeit schaden, wenn das Pflegepersonal erkannt werde.

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Gegenüber dem «Sydney Morning Herald» sagt die Beschwerdestelle des Gesundheitswesens, dass zuvor «einige Beschwerden in Bezug auf die Nutzung von OnlyFans von Pflegenden» eingegangen seien.

Wird der Ruf beschädigt?

Doch dürfen solche Online-Aktivitäten vom Arbeitgeber überhaupt eingeschränkt werden? In Australien darf man das «unter aussergewöhnlichen Umständen». Aber: «Es reicht nicht aus, dass der Arbeitgeber nur behauptet, dass das Verhalten den Ruf des Arbeitgebers in irgendeiner Weise beeinträchtigt.»

Anna Boucher, Professorin an der Universität Sydney und Anwältin, sagt gegenüber dem «Guardian»: «Nur in bestimmten Berufen, wo die Angestellten Personen der Öffentlichkeit sind, könnte vernünftigerweise eine solche Hürde für die Rufschädigung gesetzt werden.» In der Pflege habe man gewissermassen eine öffentliche Rolle, aber keine mit solch grosser Aufmerksamkeit.

«Sofern jemand nicht eine unglaublich hohe Person im Spital ist, verstehe ich nicht, wieso das eine Rolle spielen sollte. Muss jemand, der eine Rolle hat, in der andere Personen sie oder ihn sehen könnte, eine alternative Realität schaffen, um am Arbeitsplatz akzeptiert zu werden? Das ist völlig unverhältnismässig», sagt Boucher.

Drei mögliche Szenarien

Im Mail an die Angestellten ist von drei Szenarien die Rede: Eine Patientin oder ein Patient erkennt die Person von OnlyFans und beschwert sich. Im zweiten Fall könnte jemand «eine Gegenleistung verlangen» und als drittes Problem wird der Arbeitsvertrag ins Feld geführt: Dieser verbietet häufig Nebenbeschäftigungen, sofern sie nicht mit den Arbeitgebern abgesprochen sind.

«Im ersten Fall reden wir von ‹Sex Shaming›. Die Person macht das in ihrer Freizeit», sagt Boucher. Im zweiten Fall wäre es sexuelle oder andere Belästigung und dürfte ebenfalls nicht toleriert werden. Lediglich der dritte Fall dürfte also eine Rolle spielen.

Schlechte Arbeitsbedingungen

Für Boucher zeigt die ganze Diskussion eine ganz andere Sache: Das Personal verdient schlicht zu wenig und muss sich weitere Einnahmequellen suchen.

In Australien liegt der höchste Einstiegslohn in der Pflege bei jährlich 65'000 Australischen Dollar (41'200 Franken), der Durchschnittslohn bei 80'000 Australischen Dollar (50'700 Franken). In den vergangenen Jahren gab es deshalb auch schon mehrere Streiks und Forderungen nach besseren Anstellungsbedingungen.

veröffentlicht: 4. März 2023 14:56
aktualisiert: 4. März 2023 14:56
Quelle: FM1Today

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