WEF 2020

«Dann werden wir vielleicht gezwungen sein, Davos zu verlassen»

22.01.2020, 17:12 Uhr
· Online seit 22.01.2020, 16:55 Uhr
Während des Weltwirtschaftsforums nisten sich rund um das Davoser Kongresszentrum immer mehr Organisationen ein, die mit dem Anlass nichts zu tun haben. Den Veranstaltern sind solche Trittbrettfahrer ein Dorn im Auge. Sie drohen mit dem Wegzug.
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WEF-Geschäftsleitungsmitglied Alois Zwinggi fand am Mittwoch im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA deutliche Worte: «Die Situation mit Trittbrettfahrern hat sich in den vergangenen Jahren nicht verbessert. Das ist ein grosses Problem für uns.» Irgendwann werde der Moment kommen, indem diese ungebetenen Gäste das Ökosystem von Davos zum Erliegen brächten. «Dann werden wir vielleicht gezwungen sein, Davos zu verlassen.»

Das Problem der zunehmend verstopften Strassen und der teilweise verärgerten Bevölkerung habe nicht hauptsächlich mit dem WEF zu tun, betonen die Organisatoren immer wieder. Die Teilnehmerzahlen am Forum seien in den vergangenen Jahren konstant geblieben, sagte Zwinggi. «Was gewachsen ist, ist das ganze Paralleluniversum um uns herum.»

«Offen für andere Meinungen»

Das WEF-OK appelliert deshalb an seine Partnerorganisationen, die mithelfen sollen, die Situation vor Ort zu verbessern. Laut Zwinggi gibt es aber auch in Davos präsente Organisationen, mit denen das WEF nicht in Kontakt stehe. «Von denen wissen wir teilweise nicht, wer sie sind und was sie bezwecken.»

Solche unerwünschten Zaungäste trüben die Zwischenbilanz von Zwinggi, die sonst positiv ausfällt. Mit dem Kongresszentrum und der Eishalle habe man eine ideale Infrastruktur zur Verfügung. Deshalb sei eigentlich klar: «Wir würden den Anlass in Zusammenarbeit mit den Davoser Behörden sehr gerne im aktuellen Rahmen weiterführen.»

Kein Problem habe die WEF-Veranstalter mit Protestveranstaltungen wie der Juso-Demo vom Dienstag oder der Winterwanderung von Klimaaktivisten. «Wir sind offen für andere Meinungen», sagte Zwinggi. Es gebe viele Wege, die Probleme dieser Welt anzugehen. Solange sich alles im friedlichen Rahmen bewege, seien solche Anlässe «ein wichtiger Beitrag zur Meinungsbildung in unserem Land und auch global».

Nicht alle im gleichen Boot

Auch die Kritik von einzelnen Hoteliers, die WEF-Veranstalter würden für die kontingentierten rund 3400 Hotelzimmer zu wenig springen lassen, liess Zwinggi an sich abprallen. «Achtzig Prozent der Hotels in Davos arbeiten seit vielen Jahren sehr gut mit uns zusammen», sagte er. Sie sähen den gegenseitigen Nutzen des Anlasses.

Daneben gebe es aber «ein paar Hoteliers, die auf kurze Gewinnmaximierung aus sind». Das WEF könne gut ohne solche Unternehmen leben.

Der Verkehr in Davos während des Forums ist ebenfalls ein Dauerthema. «Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert», sagte Zwinggi. Er habe von Einheimischen gehört, dass die Lage deutlich entspannter sei als während der Spengler-Cup-Woche. Informationen über Unfälle habe er keine.

Hohe Wertschöpfung

Auch betreffend Sicherheitskosten verläuft das diesjährige Weltwirtschaftsforum in geordneten Bahnen. «Ich gehe davon aus, dass sich die Sicherheitskosten im Bereich des vergangenen und des vorangegangenen Jahres bewegen werden», sagte Zwinggi.

Das WEF trage einen Viertel der Kosten des Polizeieinsatzes. Insgesamt bewege sich die Wertschöpfung des Anlasses für Davos, den Kanton Graubünden und die Schweiz in der Grössenordnung von 100 Millionen Franken.

Nicht gerade euphorisch äusserte sich Zwinggi zum Auftritt des US-Präsidenten Donald Trump. Vor zwei Jahren habe Trump am WEF dargelegt, wie er Amerika in der Welt sehe. «Dieses Jahr merkt man, dass Wahlkampf ist.» Der US-Präsident habe «nur paar wenige Botschaften für die globale Welt» gehabt.

veröffentlicht: 22. Januar 2020 16:55
aktualisiert: 22. Januar 2020 17:12
Quelle: sda

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