Schwarzes Meer

Delfine verenden zu Tausenden wegen russischen Kriegsschiffen

· Online seit 25.10.2022, 19:27 Uhr
Naturschützer bringen den Tod von Zehntausenden Delfinen im Schwarzen Meer mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in Verbindung.
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Die russische Invasion in der Ukraine bringt nicht nur grosses menschliches Leid mit sich – sondern auch tierisches, schreibt die «Luzerner Zeitung». So unter anderem in der Schwarzmeerregion, wo seit Kriegsbeginn Tausende tote Delfine an die ukrainische Küste geschwemmt wurden, wie lokale Natur- und Tierschutzorganisationen melden.

Kriegsschiffe verwirren die Tiere

Insgesamt lebten vor Kriegsbeginn rund 250'000 Delfine im Schwarzen Meer. Bereits im Juni warnten Naturschutzorganisationen vor einem Massensterben aufgrund der russischen Invasion. Der Einsatz von Sonar-Technik sowie der Geschützdonner der Kriegsschiffe würden das «empfindliche Navigationssystem» der Tiere unter Wasser zerstören, schrieb die ukrainische Tierschutzorganisation «UAnimals» auf Facebook.

Die Meeressäuger senden hochfrequente Töne aus, deren Echo ihnen Informationen über Objekte in der umliegenden Unterwasserwelt liefern. Viele der ansässigen Delfine seien in der Zone zu Hause, die seit Kriegsbeginn von den Navigationsgeräten der russischen Marine abgedeckt werden – was die Echoortungsorgane der Tiere schädigend beeinflusse und ihnen zusätzlich akustische Verletzungen zufüge.

Geräuschpegel macht Tiere «blind»

Kriegsschiffe und U-Boote erzeugen kraftvolle Geräusche, sowohl unter als auch über Wasser. Unter anderem werden von russischen Kriegsschiffen der Schwarzmeerflotte immer wieder auch Lenkraketen gegen das ukrainische Festland abgefeuert.

Die zunehmenden Orientierungsprobleme und der massiv erhöhte Geräuschpegel mache die Tiere «blind» in ihrer Orientierung und führe unter anderem dazu, dass die Delfine auf Seeminen treffen. Auch könnten sie aufgrund der Verwirrung nicht mehr genug Fische fangen und seien deshalb anfälliger für Infektionskrankheiten. In der Folge würden mehr Delfine sterben, schrieb der Biologie Iwan Rusew, Direktor des Tusli-Lagunen-Nationalparks bei der ukrainischen Schwarzmeer-Hafenstadt Odessa.

Zahlen wohl um ein Vielfaches höher

Mindestens 5000 Tiere seien bereits in ukrainischen Gewässern verendet und an die Küste geschwemmt worden, sagte Rusew der Zeitung «Ukrainska Pravda». Die Zahl der toten Delfine sei aber eigentlich massiv höher, sagte der Biologe unlängst: «Erinnern wir uns noch einmal daran, dass das Meer nur etwa fünf Prozent aller toten Tiere anspült. Die restlichen 95 Prozent sinken einfach auf den Meeresgrund – und wir können sie nicht registrieren.»

Diese verstorbenen Delfine seien daher nicht für die Zählung vom Ufer aus verfügbar. «Daher schätzen wir, dass während des Krieges gegen die Ukraine wahrscheinlich bereits bis zu 50'000 Wale gestorben sind, was absolut schrecklich für das Meeresökosystem ist», schrieb Rusew. Nach seinen Angaben gibt es zudem auch Berichte über verendete Tiere aus Bulgarien und Rumänien – ebenfalls Anrainerstaaten am Schwarzen Meer. In den vergangenen Jahren hätten indes Fischfang und Wilderei die grössten Gefahren für Delfine dargestellt.

(LuzernerZeitung/Hans-Caspar Kellenberger)

veröffentlicht: 25. Oktober 2022 19:27
aktualisiert: 25. Oktober 2022 19:27
Quelle: Luzerner Zeitung

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