Wegen Party-Videos

Deutsche Politikerin nimmt Finnische Premier Marin in Schutz

· Online seit 20.08.2022, 16:41 Uhr
Finnlands Regierungschefin Sanna Marin steht wegen zwei Party-Videos in Kritik. Aber ihr Verhalten wird auch unterstützt: beispielsweise von der deutschen Politikerin Hannah Neumann.
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Hüftschwung und Flirt mit der Kamera: Finnlands Regierungschefin Sanna Marin muss sich seit Tagen mit der Debatte über ein Video beschäftigen, auf dem die 36-Jährige ausgelassen und ein bisschen verführerisch im Kreis ihrer Freundinnen und Freunde tanzt. Die Aufnahme von einer privaten Feier kursierte seit Donnerstag in sozialen Medien und löste eine Kontroverse aus.

Ein zweites Video, das sie im engen Tanz mit dem finnischen Sänger Olavi Uusivirta (39) zeigt, sorgte am Wochenende für weiteren Gesprächsstoff. Die beiden berühren sich immer wieder an Schultern und Hüfte. Für einen kurzen Moment beugt sich der Musiker nach vorne, als wolle er ihr etwas ins Ohr flüstern. Manche wollten darin einen Kuss auf den Hals erkennen – auch wenn das nicht eindeutig zu sehen ist.

Spekulationen, sie habe womöglich Drogen genommen, konterte sie bei einer Pressekonferenz in Helsinki mit der Ankündigung, in der kommenden Woche die Ergebnisse eines bereits durchgeführten Drogentests vorzulegen. «Ich habe noch nie in meinem Leben Drogen genommen, nicht einmal als Teenager», sagte sie. Auch könne sich nicht erinnern, auf den Hals geküsst worden zu sein, sagte die verheiratete Politikerin. Sie glaube, Uusivirta habe ihr etwas sagen wollen.

Auch deutsche Politikerinnen tanzen

Rückendeckung für Marin gab es unter anderem aus Deutschland: So veröffentlichte die deutsche Grünen-Politikerin Hannah Neumann ein Video von einem mehrere Jahre zurückliegenden Grünen-Bundesparteitag, bei dem eifrig getanzt wurde. Auf einer Galerie standen damals vier Frauen, die gemeinsam im Takt wippten und die Arme schwingen liessen. «Brave Mädchen kommen in den Himmel, rockende überall hin», schreibt die Europaabgeordnete dazu. Und erklärt «für alle, die es nicht erkennen», dass mit ihr 2018 auf der Galerie Annalena Baerbock (heute Aussenministerin), Franziska Brantner (inzwischen parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium) und Luise Amtsberg (heute Menschenrechtsbeauftragte) tanzten.

Viele Nutzer sozialer Medien monierten eine Doppelmoral gegenüber der jungen finnischen Politikerin und posteten Videos von männlichen Politikern, die sich ebenfalls beim Tanzen hatten filmen lassen – wenn auch weit weniger elegant als Marin.

Kritik aus Finnland

Die Chefin der kleinen Oppositionspartei der Christdemokraten, Sari Essayah, teilte mit, es gebe Grund zur Sorge, dass das Verhalten der Ministerpräsidentin möglicherweise eine Bedrohung für die Sicherheit des Landes oder ihrer Person dargestellt habe.

Marins Koalitionspartnerin und Chefin der finnischen Zentrumspartei, Finanzministerin Annika Saarikko, bezeichnete die Videos als «ein bisschen peinlich». Sie seien sicherlich nicht dafür bestimmt gewesen, von allen Finnen gesehen zu werden, sagte sie dem öffentlichen Rundfunksender Yle am Samstag. Sie wolle sich aber nicht als Hüterin der Moral aufspielen. Wichtig sei, dass wichtige Entscheidungsträger stets ansprechbar seien. Die Versicherungen, die Marin diesbezüglich gegeben habe, seien zufriedenstellend, so Saarikko.

Anders sah das der politische Kommentator Suvi Hautanen von der Zeitung «Ilta-Sanomat». Die Premierministerin sei 24/7 im Dienst und müsse sicherstellen, dass sie stets in der Lage sei, tätig zu werden und Entscheidungen zu treffen. Das sei trotz ihrer Beteuerungen infrage gestellt, so Hautanen. Die Regierungschefin hatte eingestanden, dass sie Alkohol getrunken hatte - wie viel, blieb offen.

(sda/ape)

veröffentlicht: 20. August 2022 16:41
aktualisiert: 20. August 2022 16:41
Quelle: sda

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