Paris will unter anderem sicherstellen, dass Imame Französisch sprechen und in Frankreich ausgebildet werden. Cazeneuve kündigte nach Beratungen mit Vertretern der muslimischen Gemeinschaft in Paris dazu eine Stiftung und eine religiöse Vereinigung an. Diese sollen neue Geldquellen für den Bau von Moscheen, eine bessere Ausbildung von Imamen und islamwissenschaftliche Studien erschliessen.
Das soll dazu beitragen, die Rolle ausländischer Geldgeber zu verringern und sicherzustellen, dass Hassprediger keine Chance haben. Von einem Verbot ausländischer Finanzspritzen für den Bau von Moscheen, wofür Premierminister Manuel Valls plädiert hatte, war am Montag allerdings keine Rede. Die Frage nach der Organisation der Islam-Institutionen ist seit Jahren ein Thema, hat infolge der islamistischen Anschlagsserie aber neue Brisanz gewonnen. Auch der muslimische Dachverband CFCM ist dafür.
Die neue Stiftung soll Geld vom Staat erhalten und Spenden sammeln. Sie könnte etwa die weltliche Ausbildung der Imame finanzieren. Geführt werden soll die Stiftung vom früheren Innenminister Jean-Pierre Chevènement, im Vorstand wird auch der Schriftsteller Tahar Ben Jelloun sitzen.
Die theologische Ausbildung oder den Bau von Moscheen darf die staatlich unterstützte Stiftung wegen der strikten Trennung von Kirche und Staat nicht bezahlen. Deshalb soll auch eine religiöse Vereinigung entstehen, die über eine Abgabe für die Zertifizierung von Halal-Produkten (die muslimischen Speisevorschriften entsprechen) finanziert werden könnte. Details sollen bis Dezember ausgearbeitet werden.
Das Treffen wurde vom seit Wochen tobenden Streit um Ganzkörper-Badeanzüge für Musliminnen überschattet. Cazeneuve stellte sich gegen ein von der Opposition gefordertes Anti-Burkini-Gesetz. Dies wäre «verfassungswidrig, unwirksam und dazu geeignet, Feindseligkeiten und nicht wiedergutzumachende Spannungen hervorzurufen», sagte er in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der katholischen Zeitung «La Croix».
Die französische Regierung lehne aus diesen Gründen ein Gesetz mit einem Verbot ab. «Im Gegenzug müssen sich die Muslime weiterhin gemeinsam mit uns für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen einsetzen, für die Unantastbarkeit der republikanischen Prinzipien, für die Toleranz, die das Zusammenleben ausmacht», sagte Cazeneuve.
Er warf den konservativen Republikanern von Ex-Staatschef Sarkozy vor, die Debatte im parteiinternen Machtkampf um die Präsidentschaftskandidatur zu instrumentalisieren. Sarkozys konservative Republikaner und der rechtsextreme Front National von Marine Le Pen fordern ein gesetzliches Burkini-Verbot.
Rund 30 französische Gemeinden hatten in diesem Sommer das Tragen eines Ganzkörperbadeanzuges am Strand verboten, darunter die Mittelmeerstädte Cannes und Nizza. Am Freitag erklärte der Staatsrat (Conseil d'Etat), das Oberste Verwaltungsgericht Frankreichs, dies für unrechtmässig.
Das Grundsatzurteil bezog sich konkret auf das vom südfranzösischen Badeort Villeneuve-Loubet verhängte Burkini-Verbot. Laut dem Gericht stellt es eine «schwere und offensichtlich illegale Verletzung der grundlegenden Freiheitsrechte dar».
Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden hatten das Verbot mit der angespannten Stimmung im Land begründet. Die von strenggläubigen muslimischen Frauen getragene Badebekleidung mit Kapuze könnte demnach als Provokation empfunden werden und zu Störungen der öffentlichen Ordnung führen. Zahlreiche Gemeindechefs kündigten bereits an, das Verbot aufrecht zu erhalten.