Ukraine

Massengräber bei Mariupol? Was wir wissen – und was nicht

22.04.2022, 19:04 Uhr
· Online seit 22.04.2022, 18:56 Uhr
Satellitenbilder zeigen möglicherweise ein Massengrab in der Nähe der ukrainischen Stadt Mariupol. Nach den Gräueltaten im Ort Butscha sei dies nicht überraschend, sagt Politexperte Erich Gysling. Russland legt es allem Anschein nach darauf an, in der Ukraine Terror zu erzeugen.
Anzeige

In der Nähe der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine sollen Medien zufolge Satellitenaufnahmen auf ein mögliches Massengrab hinweisen.

Der US-Satellitenfotodienst Maxar verbreitete Aufnahmen, die in dem Vorort Manhusch mehrere ausgehobene Grabstätten zeigen sollen. Örtliche Behörden sprechen ausserdem davon, dass in Manhusch Tausende Zivilisten begraben sein sollen.

«Berichte über Gräuel kommen nicht überraschend»

Die Nachrichten zum entdeckten Massengrab in einem Mariupoler Vorort kämen nicht unerwartet. Das sagt der Politexperte Erich Gysling im Interview mit der Redaktion. Ob Russland dafür verantwortlich sei, könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, so Gysling. «Wer was gemacht hat, das wissen wir nicht.»

«Wir wissen aber nach fast 60 Tagen Krieg, dass die Russen lügen – und das ganz konsequent», sagt Gysling weiter. «Und wir wissen, dass die Ukrainer die Zahlen vielleicht etwas frisieren, aber nach bisherigem Kenntnisstand lügen sie nicht konsequent.»

Die Neuigkeit überrascht Gysling nach den Toten von Butscha allerdings nicht: «Es wird wahrscheinlich noch viele andere Städte geben, wo ähnliche Gräueltaten in grösserem oder kleinerem Ausmass geschehen sind.»

Russland hinterlässt Angst und Tod

Es habe den Anschein, dass überall wo Russland seine Truppen zurückziehe, Schrecken und Tod hinterlassen werde, sagt Gysling. Über die Motive für dieses Vorgehen könne man nur spekulieren. Wichtig aber sei: «Man hat die Opferzahlen. Und das ist ein Hinweis darauf, dass Russland es darauf anlegt, Terror zu erzeugen und möglichst viele Orte in der Ukraine unbewohnbar zu machen.»

Mariupol gilt als fast komplett zerstört. Russland kontrolliert laut eigenen Angaben und Experten die gesamte Stadt, abgesehen von einem Stahlwerk. Dort dürften sich noch ukrainische Kämpfer und womöglich Zivilisten aufhalten.

Die ukrainischen Angaben waren von unabhängiger Seite nicht überprüfbar. Präsident Selenskyj hat sich zu dem mutmasslichen Massengrab bisher nicht öffentlich geäussert. Die Informationen gehen auf den Stadtrat von Mariupol und von Bürgermeister Wadym Bojtschenko zurück, die von Gräbern für bis zu 9000 Leichen sprechen, selbst aber nicht mehr an Ort und Stelle sind.

(osc/sda)

veröffentlicht: 22. April 2022 18:56
aktualisiert: 22. April 2022 19:04
Quelle: Today-Zentralredaktion

Anzeige
Anzeige